Metall-Arbeitgeber Bei vielen Autozulieferern „brennt der Dachstuhl“
Die Transformation der Autoindustrie ist besonders für Niedersachsen eine Entwicklung, die neben neuen Chancen auch Gefahren bringt. Viele Zulieferer hängen noch am Verbrenner, gleichzeitig steigen die Kosten durch die Energiekrise. Worauf stellen sich die Unternehmen 2023 ein?

Hannover - Die für Niedersachsens Industrie zentrale Branche der Autozulieferer gerät nach Einschätzung der Metall-Arbeitgeber immer stärker unter Druck. Aus vielen Betrieben sei zu hören, dass es wegen zurückgehender Erträge oder sogar ausgeweiteter Verluste zunehmend schwieriger werde, überhaupt neue Investitionen zu finanzieren und damit die Zukunft zu sichern, sagte Niedersachsen-Metall-Chef Volker Schmidt am Freitag in Hannover.
Er stellte die Ergebnisse einer Umfrage zur Branchenkonjunktur vor. Demnach gibt es bei den Erwartungen für das laufende Jahr „signifikante Unterschiede“ zwischen den Einschätzungen von Unternehmen, die vom Geschäft mit der Autoindustrie abhängen, sowie denjenigen, die andere Wirtschaftszweige als Hauptabnehmer haben.
Während laut der Befragung 34 Prozent der Metall- und Elektrofirmen ohne Kunden in der Autobranche mit zumindest einem kleinen Zuwachs des Betriebsgewinns rechnen, sind es bei reinen Autozulieferern nur 6 Prozent. Umgekehrt glauben 38 Prozent der reinen Autozulieferer, dass 2023 Verluste auflaufen - unter den sonstigen Unternehmen sind es nur 12 Prozent. Bei den Investitionen zeigen sich ähnliche Differenzen: 44 Prozent der nicht-autoorientierten Betriebe nehmen an, diese aufstocken zu können, aber lediglich 26 Prozent der autoorientierten.
Schmidt zufolge werden bei Letzteren auch häufiger drei Faktoren als Gründe für die steigenden Belastungen genannt: eine schlechtere Ertragslage wegen der hohen Kosten für Energie, Vorprodukte, Logistik und Löhne, hohe Planungsunsicherheit sowie Standortnachteile. In den Produktionszahlen und -erwartungen schlägt sich dies ebenso nieder. „Wir haben uns nach oben gerappelt aus den scharfen Einschnitten durch Corona“, sagte Schmidt. Stark an der Autobranche ausgerichteten Unternehmen sei das aber nicht im gleichen Ausmaß gelungen - und beim Fertigungsvolumen 2023 erwarteten diese ein Minus von 7 Prozent.
Der grundlegende Umbau der Branche in Richtung mehr Klimaschutz und Digitalisierung sei eine „Operation am offenen Herzen“, die schon schwer genug sei, so Schmidt. Gleichzeitig kämen aus der Politik teils widersprüchliche Signale - etwa zur Weiterförderung von Elektroautos, während die EU-Kommission die neue Verbrenner-Abgasnorm Euro-7 mit strengeren Grenzwerten und teurer Technik vorantreibe. Dies dürfte die Ertragsspannen vieler Firmen weiter auszehren.
Für Elektrofahrzeuge seien die Gewinnanteile am Umsatz bisher oft eher überschaubar, es gebe daher eine Quersubventionierung aus dem Verbrennergeschäft. „Der Druck auf die Zulieferer nimmt also noch einmal zu.“ Es gelinge ihnen nicht mehr, gestiegene Kosten in die Preise weiterzugeben - zumal ihre Abnehmer in manchen Fällen große Einkaufsmacht hätten. „In vielen Unternehmen brennt der Dachstuhl. Und der Energiekostenanstieg wirkt wie ein Brandbeschleuniger.“
Laut Niedersachsen-Metall erzielt die Autobranche im Land ungefähr zwei Drittel der Wertschöpfung des gesamten verarbeitenden Gewerbes. Die aktuellen Herausforderungen bedeuteten einen Strukturbruch, so Schmidt. „Wir werden uns auf Jahre hinaus an deutlich niedrigere Wachstumsraten in Niedersachsen gewöhnen müssen.“