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Bayern Bayern: Guru im Glaskasten hält sich für unschuldig

26.08.2009, 09:33
Der Angeklagte Oliver Shanti (r.) sitzt in München im Landgericht im Sitzungssaal neben einem Polizeibeamten mit Schutzanzug (2.v.r.) sowie den Anwälten. (FOTO: DPA)
Der Angeklagte Oliver Shanti (r.) sitzt in München im Landgericht im Sitzungssaal neben einem Polizeibeamten mit Schutzanzug (2.v.r.) sowie den Anwälten. (FOTO: DPA) dpa

München/dpa. - «Ich habe nie Kindermissbraucht, ich habe Kinder sehr lieb», sagte der 60-Jährige amMittwoch vor dem Münchner Landgericht. Eine sexuelle Annäherung an drei mutmaßliche Opfer gab der Produzent esoterischer Musik jedoch zu. Die betreffenden Jungen seien zu der Zeit aber schon 17 Jahre alt gewesen. Er sei homosexuell, räumte der schwer kranke Beschuldigte ein, aber «mich interessieren nur junge Männer von 17, 18, 19 Jahren».

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, von 1985 bis 1998 zweiMädchen und vier Jungen im Alter von anfangs acht bis zu 13 Jahrenregelmäßig missbraucht zu haben. Der Angeklagte musste in einemGlaskasten sitzen sowie einen Gummimantel und Mundschutz tragen, daer an einem übertragbaren MRSA-Keim leidet. Der Keim kannverschiedene, teils lebensbedrohliche Krankheiten auslösen. Der Mannmit dem Künstlernamen Shanti leidet außerdem an Lymphdrüsenkrebs.

Shantis Anwalt sagte: «Unser Mandant ist unschuldig.» Die Vorwürfeseien ein «wirtschaftliches Komplott». Die Eltern der mutmaßlichgeschändeten Kinder, die ihn beschuldigten, seien Mitbegründer derShanti-Familie gewesen, einer Wohngemeinschaft zur Produktion vonesoterischer Musik. In einem im Gefängnis geschriebenen Papierschilderte Shanti, er habe damit allein 2002 weltweit 10 MillionenEuro umgesetzt. «In dem Jahr nahmen Missgunst und Neid überhand.»Seine Gegner hätten einen Kriminellen aus ihm gemacht und ihm allesweggenommen.

Der Guru soll sich von 1985 bis 1998 an zwei Mädchen und vierJungen seiner Kommune vergangen haben. Er hatte sich mit seinenAnhängern Mitte der 80er-Jahre in Portugal niedergelassen. Besucherin dem Prozess fühlten sich wie in einer Isolier-Station. Beamte inSchutzanzügen und mit Gummihandschuhen führten den ebenso gekleideten60-Jährigen in den Saal 177 des Landgerichts. Nach Ablegen desMundschutzes im Glaskasten bestritt der Angeklagte die ihmvorgeworfenen «Schweinereien»: «Das sind Dinge, an die ich nicht maldenken kann.»

Der Angeklagte will sich im Juni 2008 wegen seiner Erkrankung derdeutschen Botschaft in Lissabon gestellt haben. LautStaatsanwaltschaft wurde er dagegen gefasst, als er bei derKonsularabteilung der Botschaft seinen Pass verlängern lassen wollte.Zwei der laut Anklage missbrauchten und inzwischen erwachsenen Opferhatten sich 2002 einer Anwältin offenbart und Anzeige erstattet.Einer der jungen Männer war noch im selben Jahr an einem Hirntumorgestorben.

Shanti war seither auf der Flucht. Nach Aufenthalten in Singapurund Bali habe er zuletzt viereinhalb Jahre in dem portugiesischenWallfahrtsort Fatima gelebt, erzählte der Angeklagte. Mit seiner Frauhatte er nach eigenen Worten eine Ehe ohne Sex geführt. Wortreichschilderte der ehemalige Seemann seine Erfolge als Musikproduzent.Mit zahlreichen CDs mit orientalisch inspirierter Musik habe er«Millionen» verdient. «Ich war der Mann des Geldes», sagte er. EineFinca in Portugal mit zwölf Gebäuden sei sein Eigentum gewesen, dashabe zu «Neid und Missgunst» geführt.

Zur Fortsetzung der Verhandlung am Donnerstag sind erste Opfer alsZeugen geladen: damals noch Mädchen, sind die Frauen mittlerweile 32und 33 Jahre alt. Die Anwälte dieser beiden Nebenklägerinnen habenAnträge auf Ausschluss der Öffentlichkeit während der Vernehmungangekündigt. Für den Prozess hat das Gericht zunächst achtVerhandlungstage festgesetzt.