Tourist niedergestochen Behörden gehen von antisemitischer Attacke in Berlin aus
Der Angriff auf einen 30 Jahre alten spanischen Touristen war anscheinend antisemitisch motiviert. Festgenommen wurde ein syrischer Flüchtling, der in Leipzig lebte.

Berlin - Mit dem mutmaßlichen Ziel, Juden zu töten, soll ein 19-jähriger anerkannter syrischer Flüchtling im Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals in Berlin auf einen spanischen Touristen eingestochen haben. Das 30 Jahre alte Opfer kam nach dem Angriff am Freitagabend mit lebensgefährlichen Halsverletzungen ins Krankenhaus. Nach einer Notoperation ist sein Zustand stabil.
Der mutmaßliche Angreifer wurde nur wenige Stunden danach im Umfeld des Mahnmals festgenommen. Die Berliner Staatsanwaltschaft geht auch mit Blick auf den Tatort von einem antisemitischen Motiv aus. Der 19-Jährige soll den Angaben zufolge 2023 als unbegleiteter minderjährlicher Flüchtling nach Deutschland gekommen sein und zuletzt in Leipzig gelebt haben.
Ebenfalls am Freitag war am Hauptstadtflughafen BER ein 18-Jähriger festgenommen worden. Er soll einen antisemitisch motivierten Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben.
Angreifer war der sächsischen Polizei bekannt
Der mutmaßliche Angreifer am Holocaust-Mahnmal sei der sächsischen Polizei wegen verschiedener Straftaten bekannt gewesen, teilte das sächsische Innenministerium mit. Er sei jedoch kein Mehrfach- oder Intensivstraftäter. Es habe sich um einfache Straftaten der allgemeinen Kriminalität gehandelt, hieß es. Einen „Staatsschutzbezug“ - also einen politischen Hintergrund - habe es bei diesen Taten nicht gegeben.
Der Mann sei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt und nicht ausreisepflichtig gewesen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur lebte er in einer Gemeinschaftsunterkunft.
Zusammenhang mit Nahostkonflikt
„Nach bisherigen Ermittlungen und dem aktuellen Kenntnisstand sollen Zusammenhänge mit dem Nahostkonflikt bestehen“, teilte die Berliner Staatsanwaltschaft mit. Nach dem Angriff der islamistischen Terrormiliz Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel war die israelische Armee in den Gaza-Streifen einmarschiert. Dort wurden im Verlauf des Krieges Zehntausende Palästinenserinnen und Palästinenser getötet, vor allem Zivilisten.
„Nach bisherigem Kenntnisstand, insbesondere aufgrund entsprechender Äußerungen des Beschuldigten gegenüber der Polizei, soll seit einigen Wochen der Plan in ihm gereift sein, Juden zu töten“, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Vor diesem Hintergrund sei auch die Auswahl des Tatorts erfolgt. Über ein antisemitisches Motiv hatten zuerst „stern“ und „Tagesspiegel“ berichtet.
Das Mahnmal für die ermordeten Juden in Europa erinnert in der historischen Mitte Berlins an die sechs Millionen Juden, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet wurden.
Gebetsteppich und Koran im Rucksack
Zudem soll eine religiöse Motivation bestanden haben. Demnach hatte der Mann neben dem Messer als mutmaßlicher Tatwaffe auch einen Koran, einen Zettel mit Versen daraus sowie einen Gebetsteppich in seinem Rucksack dabei.
Der Angreifer sollte einem Haftrichter vorgeführt werden. Während der Polizeimaßnahmen am Tatort lief der Mann den Angaben zufolge auf die Beamten zu. Ihnen fielen seine blutverschmierten Hände und die Hose auf. Daraufhin nahmen sie den Mann fest.
Er habe bei der Festnahme einen klaren Eindruck gemacht, hieß es. „Ob eine psychische Erkrankung vorliegt, ist Gegenstand der Ermittlungen“, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Anhaltspunkte für Verbindungen zu anderen Personen oder Organisationen lägen nicht vor. Der Beschuldigte sei strafrechtlich in Berlin bisher nicht auffällig geworden und war dort weder polizei- noch justizbekannt.
Innenministerin fordert Abschiebung
Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußerte sich entsetzt über die Tat. „Die Messerattacke am Berliner Holocaust-Mahnmal ist ein abscheuliches und brutales Verbrechen“, sagte die SPD-Politikerin laut Mitteilung. Sie forderte, der mutmaßliche Täter müsse mit aller Härte bestraft und „direkt aus der Haft abgeschoben werden“.
Ähnlich äußerten sich auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner und weitere Politiker. „Ich erwarte von der nächsten Bundesregierung, dass sie dafür sorgt, dass solche Täter ihren Schutzstatus verlieren und schnell unser Land verlassen müssen“, teilte Wegner mit.
Mehrere tödliche Angriffe vor Wahl
In den vergangenen Wochen und Monaten gab es in Deutschland mehrere auch tödliche Angriffe, deren Hintergründe allerdings unterschiedlich waren. Das Thema Migration dominierte daraufhin den Bundestagswahlkampf. So fuhr am 13. Februar ein 24-jähriger Afghane in München mit einem Auto in einen Verdi-Demonstrationszug. Ein zweijähriges Mädchen und seine 37 Jahre alte Mutter starben später im Krankenhaus, mindestens 37 weitere Menschen erlitten teils schwere Verletzungen.
In einem Park in Aschaffenburg soll ein 28 Jahre alter Afghane im Januar ihm offensichtlich unbekannte Menschen mit einem Messer angegriffen haben. Ein zweijähriger Junge marokkanischer Herkunft und ein 41-jähriger Deutscher starben. Kurz vor Weihnachten war zudem ein 50-jähriger Arzt aus Saudi-Arabien mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast. Sechs Menschen kamen ums Leben, knapp 300 wurden verletzt.
18-Jähriger am BER festgenommen
Bei dem 18-jährigen Verdächtigen, der am Freitagabend am BER festgenommen wurde, handelt es sich den Angaben der Behörden zufolge um einen Tschetschenen, der in Potsdam lebte. Er kam in Untersuchungshaft. Er soll einen politisch motivierten Anschlag in Berlin geplant haben. Ziel sollte die israelische Botschaft sein, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr.
Demnach wollte er vom BER aus Deutschland verlassen, um sich dem IS anzuschließen. Im Zusammenhang der Ermittlungen durchsuchte die Polizei am Morgen eine Wohnung in Potsdam und fand dabei einen sprengstoffähnlichen Gegenstand. Das Mehrfamilienhaus wurde evakuiert. Der Gegenstand sollte dann entschärft werden.