Justiz Anwalt nach Verfassungsurteil: „Kein Tag der Gerechtigkeit“
Karlsruhe - Auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wiederaufnahme von Strafverfahren zuungunsten Freigesprochener will der Anwalt der Angehörigen einer getöteten Schülerin aus Niedersachsen weiter dafür kämpfen, dass der mutmaßliche Mörder verurteilt wird. „Ich sage an der Stelle ganz deutlich: Der Täter kann sich nicht zurücklehnen“, betonte der ehemalige Bundesanwalt Wolfram Schädler am Dienstag in Karlsruhe. „Wir werden weiter ermitteln nach alter Gesetzeslage und werden versuchen, möglicherweise jemanden zu finden, dem gegenüber er ein Geständnis abgegeben hat. Das ist ja nach wie vor möglich.“
Das Verfassungsgericht hatte zuvor eine Regelung gekippt, mit der Menschen aufgrund neuer Beweise auch nach einem Freispruch noch einmal angeklagt werden können. Im konkreten Fall soll ein Mann 1981 die 17-jährige Frederike aus Hambühren bei Celle vergewaltigt und erstochen haben. Das konnte ihm damals nicht nachgewiesen werden. Er wurde rechtskräftig freigesprochen. Nach einer neuen DNA-Untersuchung einige Jahrzehnte später könnte er aber doch der Täter sein.
Nicht zuletzt auf Bestreben von Frederikes Vater änderte der Bundestag 2021 zur Zeit der großen Koalition die Strafprozessordnung. Auf der Grundlage sollte dem Beschuldigten nun erneut der Prozess gemacht werden, doch er legte Verfassungsbeschwerde ein. Schon vor der Reform war es möglich, etwa auf Grundlage eines Geständnisses einen neuen Prozess zu erwirken. Daran ändert das Urteil nichts.
Anwalt Schädler sagte: „Das ist kein Tag der Gerechtigkeit.“ Weder für die Familie noch für viele Menschen, die darauf gehofft hätten, dass jemand nach einem falschen Freispruch doch noch überführt werden kann. Seine Mandantin, die nicht nach Karlsruhe gekommen war, habe ihm angesichts der Entscheidung gesagt, sie fühle sich als Opfer sehr alleingelassen. Das Urteil sei aber natürlich zu akzeptieren.