53 Waldbrand-Tote: Notstand in Griechenland
Athen/dpa. - Bei den schlimmsten Waldbränden in Griechenland seit Menschengedenken haben bislang mindestens 53 Menschen ihr Leben verloren. Mehr als 100 wurden verletzt, mindestens 3000 Menschen sollen allein im Westen der Halbinsel Peloponnes obdachlos geworden sein. Am Sonntag bedrohte das Inferno auch die antiken Stätten von Olympia. Stürmischer Wind peitschte das Flammenmeer unaufhörlich in Richtung der Weltkulturerbe-Stätte. Die Feuerwehrleute rüsteten sich für den entscheidenden Kampf gegen das Feuer.
«Es ist eine nationale Tragödie», sagte der griechische Ministerpräsident Kostas Karamanlis. Die Regierung hatte bereits am Samstag den Notstand und eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Alle Fahnen wurden bis Montag auf Halbmast gesetzt. Am schlimmsten wüteten die Feuer im Westen der Halbinsel Peloponnes, auf der Insel Euböa und in der Region um Korinth. Das ganze Ausmaß der Katastrophe ist nach Medienberichten noch nicht abzuschätzen.
Auf dem Peloponnes drohte die Feuerwalze den Schauplatz der Olympischen Spiele der Antike niederzuwalzen. «Der Brand ist außer Kontrolle. Die Flammen werden regelrecht in Richtung Olympia gedrückt», berichtete ein Radio-Reporter am Sonntag. Er meldete sich aus dem Dorf Plátanos, das nur etwa zwei Kilometer nördlich von Olympia liegt. In dem Ort herrschte Alarmstufe eins. Dutzende freiwillige Helfer und Feuerwehrleute standen bereit. Wegen der starken Winde konnten keine Löschflugzeuge mehr eingesetzt werden. «Hier brennen alle Dörfer rund um Olympia. Schickt uns Hilfe», flehte eine verzweifelte Frau aus Pelópion.
Auch in Mittelgriechenland flammten am Sonntag immer wieder Feuer auf. Die wichtigste Eisenbahnverbindung des Landes von Athen in die Hafenstadt Thessaloniki im Norden musste am Nachmittag wegen eines Waldbrandes bei Lamia geschlossen werden.
Unterdessen kündigte die Regierung in Athen Hilfsmaßnahmen für Betroffene an. Danach soll jeder Obdachlose 3000 Euro Soforthilfe erhalten. Jede Familie, die ihren Haushalt verloren hat, bekomme 10 000 Euro, teilte der griechische Finanzminister Giorgos Alogoskoufis mit und rief zu Spenden auf. Kinder und Ehepartner von Todesopfern bekommen den Status eines Verwandten von im Kriegsdienst Gefallenen zuerkannt. Jeweils ein Mitglied der Familie soll die volle Rente des Gestorbenen erhalten. Zudem werden fällige Zahlungen der Brandopfer an den Staat und die Rentenkassen für sechs Monate ausgesetzt.
Viele Todesopfer sind nach Auskunft von Ärzten bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. «Verwandte haben Schwierigkeiten, die Opfer zu identifizieren», sagte der Direktor des Krankenhauses in Tripolis, Giannis Koumboúros, am Sonntag. «Wir haben hier acht Leichen. Keine konnte erkannt werden. Wir brauchen DNA-Tests zur Identifizierung», erklärte er. Die Leichen seien deshalb in eine Klinik der nahe gelegenen Stadt Nafplion gebracht worden.
Nach drei Tagen im Dauereinsatz brachte die Wettervorhersage den erschöpften Feuerwehrleuten wenig Hoffnung. Wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Sonntag mitteilte, werden die Temperaturen in Griechenland auch in den nächsten Tagen kaum unter 30 Grad sinken. Eine wochenlange Hitzewelle mit Temperaturen um die 40 Grad hatte das Land austrocknen lassen, seit Monaten hat es nicht mehr geregnet. Nach inoffiziellen Schätzungen verbrannten allein in den vergangenen drei Tagen 70 000 Hektar Land. Zuvor hatten die Flammen seit Mai bereits etwa 65 000 Hektar Wald und Anbauflächen vernichtet.
Im Kampf gegen das Flammeninferno kamen den erschöpften Feuerwehrleuten am Sonntag auch 13 Löschhubschrauber und -flugzeuge aus europäischen Ländern zu Hilfe. Wie die EU-Kommission mitteilte, schickte Frankreich vier Maschinen, Spanien stelle zwei, Italien ein Löschflugzeug ab. Norwegen sagte einen, die Niederlande zwei, Deutschland drei Hubschrauber zu. Italienische Feuerwehren mussten indes zu Hause bleiben, weil auch auf Sizilien wieder Wälder in Flammen standen.
Viele Politiker machten Bodenspekulanten verantwortlich für die Katastrophe. Ministerpräsident Karamanlis sagte in seiner Fernsehansprache: «Es kann kein Zufall sein, dass wir so viele Waldbrände innerhalb kürzester Zeit haben.» Seine Regierung werde alles tun, um die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Polizei verhörte am Samstag sieben mutmaßliche Brandstifter. Drei davon wurden am Sonntag festgenommen. In allen drei Fällen soll es sich um fahrlässige, nicht um vorsätzliche Brandstiftung handeln.
Der Reiseveranstalter TUI fliegt trotz der Waldbrände weiter Touristen nach Griechenland. Bislang gebe es keine Absagen, sagte Sprecher Robin Zimmermann am Sonntag in Hannover. «Die Brände sind derzeit noch weit von unseren Vertragshotels entfernt, daher gibt es keinen Anlass, Reisen zu stornieren.»