32-Jähriger festgenommen 32-Jähriger festgenommen: Der tote Mohamed lag unter Katzenstreu

Ein kleines Dorf in der Nähe von Jüterbog im Landkreis Teltow- Fläming, rund 90 Kilometer von Berlin entfernt. Keine hundert Einwohner leben in Kaltenborn, einem Ortsteil von Niedergörsdorf. Die Häuser sind gepflegt. Kein Mensch ist zu sehen auf der Straße. Deshalb merkt keiner, dass vor einem sanierten Hofgebäude zwei Polizeiautos halten.
Mehrere Männer in Zivil betreten das Grundstück. Die Berliner Fahnder der Sonderkommission „Mohamed“ kommen kurz darauf mit einem mit Handschellen gefesselten Mann heraus. Der 32-Jährige trägt einen Bart und eine Brille. Er steht im Verdacht, den vier Jahre alten Jungen am 1. Oktober dieses Jahres vom Gelände des Landesamtes für Gesundheit und Soziales in Moabit entführt und anschließend getötet zu haben. Der Mann wehrt sich nicht gegen seine Festnahme. Wenig später gibt er die Tat zu.
Die Leiche des Kindes wird am Vormittag in dem Dorf entdeckt. Der tote Junge liegt in einer Wanne, die sich im Kofferraum eines weißen Dacia Lodgy befindet. Sie ist mit Katzenstreu bedeckt. Das Auto gehört dem Tatverdächtigen. Der Oberstaatsanwalt Michael von Hagen wird später sagen, dass die Leiche bereits älter sei, also der Todeszeitpunkt länger als einen Tag zurückliege.
Rechtsmediziner untersuchen den Leichnam
Kurz darauf parkt ein Transporter der Polizei vor dem Grundstück. Mit einem Kran wird das Auto auf die Ladefläche gehoben. Der Laster bringt den Pkw nach Berlin. Das tote Kind liegt noch im Kofferraum. Das sei nicht pietätlos, sondern wegen der Spurensuche notwendig, sagen Polizisten. Der Leichnam wird in die Rechtsmedizin gebracht und dort untersucht.
Die Bewohner des Dorfes kennen den Tatverdächtigen. Aus Rücksicht auf die Familie des toten Kindes, aber auch auf die Angehörigen des Festgenommenen, äußern sie sich nicht. Er sei schon etwas merkwürdig gewesen, sagt ein Mann. Konkret wird er nicht. Der Verdächtige lebte in dem Dorf bei seiner Mutter. Ihr hatte er letztlich die Tat gestanden.
Bis Donnerstagvormittag hatten die Ermittler der Soko „Mohamed“ gehofft, den Jungen lebend zu finden. Ihre Zuversicht stieg, nachdem sie am Dienstag neue Bilder des mutmaßlichen Entführers veröffentlicht hatten. Es waren fast gestochen scharfe Aufnahmen vom Gesicht des Mannes, der an einem Lokal an der Stromstraße fotografiert worden war.
Und wirklich. Er wurde erkannt. Von seiner eigenen Mutter. Keine 48 Stunden nach der Veröffentlichung der neuen Bilder meldete sich die Frau am Donnerstagmorgen telefonisch bei den Ermittlern. Sie gab an, dass ihr Sohn ihr die Tat gestanden und das Haus verlassen habe, „um Beweismittel zu holen“, erklärt der Oberstaatsanwalt Hagen am Nachmittag auf einer Pressekonferenz.
Todesursache ist noch unklar
Offenbar habe der Tatverdächtige den Leichnam des Jungen im Auto zum Haus der Mutter gefahren. „Es ist unwahrscheinlich, dass er mit der Leiche im Kofferraum längere Zeit am Straßenverkehr teilgenommen hat“, sagt Hagen. Es sei eher wahrscheinlich, dass er die Leiche habe präsentieren wollen. Unklar ist, wie Mohamed ums Leben kam. Die Obduktion des Jungen war bis Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen. Das Motiv des Täters ist noch unklar.
Mit der Festnahme endet eine vier Wochen lange Fahndung, in der 50 Ermittler rund um die Uhr nach dem Jungen und dessen Entführer gesucht haben. Mehrere hundert Häuser in Moabit und Umgebung waren von Hundertschaften der Polizei durchsucht, tausende Fahndungsplakate geklebt und weit mehr als hundert Passanten befragt worden.
Der kleine Mohamed stammt aus Bosnien-Herzegowina. Er war zusammen mit seiner Mutter 2013 nach Berlin gekommen und lebte seitdem in Reinickendorf. Beim Landesamt für Gesundheit und Soziales wollte die Frau ihre weitere Duldung beantragen.