MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 6. Februar 2025 Logistikimmobilien: Viele Ansiedlungen in der Region Leipzig/Halle
Weitere Themen: Viele Windräder abgeschaltet / Großer Sozial-Träger insolvent / Geldverdienen mit Batterien / Contitech schließt Werke / Firmenchef gegen AfD-Spende

gibt es Wirtschaftsförderer, die nicht vom Staat bezahlt werden? Ja, die gibt's. Steffen Sauer vom Immobilienberatungsunternehmen Colliers ist so einer. Oder Frank Schönfelder, Immobilienmanager bei BNP Paribas Real Estate. Sie suchen in ganz Deutschland Investoren, die sich in der Region Leipzig/Halle ansiedeln sollen. Sie tun das nicht im Auftrag der Länder oder Kommunen, sondern für große Immobilien-Entwickler wie Goodman, VGP, Garbe oder Panattoni, welche im Vermittlungserfolg die Berater bezahlen.
Colliers-Manager Sauer vermittelte zuletzt die Ansiedlung des Münchner Gebrauchtrad-Unternehmens Bravobike vor den Toren Halles. Das Unternehmen, das auf die Aufbereitung von Leasingfahrrädern spezialisiert ist, wird eine Logistikhalle des Immobilienentwicklers Garbe in Kabelsketal (Saalekreis) beziehen. Nach dem Ende des Leasings kauft Bravobike die Fahrräder auf, richtet sie her und verkauft sie online. Am neuen Standort sollen laut Bravobike-Chefin Nela Murauer jährlich bis zu 65.000 Fahrräder aufbereitet werden. Zunächst werden 70 Mitarbeiter gesucht, darunter Monteure, Logistiker und Zweiradmechatroniker. Der Start der Produktion soll im Juli 2025 sein.
Große Immobilien-Investoren haben im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass die Region Leipzig/Halle bei den Logistikneubauten erneut bundesweit auf Platz eins landete. Laut einer Erhebung des Beratungsunternehmens Logivest wurden Hallenflächen mit einer Größe von 465.000 Quadratmetern errichtet.

Zu den Großprojekten im Ballungszentrum zählen unter anderem das Logistikzentrum „The Space“ von Bentall-Green-Oak im „Star Park“ bei Halle. Im Mai 2024 haben auch die Arbeiten für den Panattoni-Logistikpark in Könnern (Salzlandkreis) an der A14 begonnen. In die großen Hallen ziehen aber längst nicht mehr nur Logistikfirmen oder Onlinehändler mit ihren Lagern. Auch Industriefirmen interessieren sich verstärkt für die Mietobjekte.
„Bei uns hat sich inzwischen die Nachfrage sogar gedreht“, sagt VGP-Chef Jan Van Geet. Nach Unternehmensangaben entfielen bei VGP im ersten Halbjahr 2024 etwa 71 Prozent aller Neuvermietungen auf die sogenannte Leichtindustrie. Das Unternehmen baut gerade einen Logistik- und Gewerbepark in Sichtweite des Flughafens Leipzig/Halle. Es ist also damit zu rechnen, dass es in den kommenden Monaten zu industriellen Ansiedlungen kommen wird. Der große Vorteil für die Industriefirmen: Sie sparen Investitionen in neue Fabrikhallen, mieten je nach Bedarf Fläche.

Als besonderes Beispiel verweist Van Geet auf den VGP Park München: Dort wurden als Mieter das Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei, der Autobauer BMW und seit Mitte 2024 auch Isar Aerospace gefunden. Das Raumfahrtunternehmen siedelt dort die Produktion für Trägerraketen an. So etwas ist auch in Mitteldeutschland möglich. So baut die Weerts-Gruppe gerade die Montagehalle für den Flugzeugbauer Deutsche Aircraft am Flughafen Leipzig/Halle.
Doch auch die Immobilienentwickler spüren die Wirtschaftsflaute. Es dauert länger, die neuen Objekte zu vermieten. Colliers-Manager Sauer geht davon aus, dass aktuell 100.000 Quadratmeter Hallenfläche in der Region Leipzig/Halle frei sind. Er rechnet damit, dass sich der Leerstand bis Frühjahr durch die Fertigstellung mehrerer Objekte weiter erhöhen wird.
Neben den verfügbaren Arbeitskräften sprechen vor allem vergleichsweise niedrige Mieten für die Region. Laut Logivest-Studie liegen die Mieten bei etwa 5,30 bis sechs Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: In München sind es 10,50 bis 16 Euro. Das war sicher ein wichtiger Grund, warum sich Bravobike ansiedelt.
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