Hier schreibt Frank Klemmer Warum ich bei Günther Jauch lieber doch nicht Millionär werden will

Hand aufs Herz – nicht nur im Harz: Wollten Sie nicht auch immer schon mal Millionär werden? Also für den Fall, dass Sie es jetzt noch nicht sind. Und trotzdem in den vergangenen 25 Jahren schon mal den ein oder anderen Gedanken daran verschwendet haben. Dann kenne ich bestimmt die Ursache. Weil es mir genauso ging.
Eben genau jene 25 Jahre – und inzwischen bald weitere acht Monate – gibt es die Fernsehshow „Wer wird Millionär?“ bei RTL. Und ebenso lange malen sich Millionen um Millionen da draußen aus, wie sie denn wohl aussehen würden, wenn sie da in diesem Studio in Hürth bei Köln sitzen würden und Günther Jauch ihnen die Fragen auf dem Weg zur Million stellen würde.
Ein selbsternannter „Klugscheißer“ mit IQ 133
In dieser Woche war es wieder soweit: Beim Oster-Special, das seit Sonntag und bis Donnerstag, täglich den ganzen Abend bei RTL füllte, gab es sogar die Chance, drei Millionen Euro abzusahnen.
Warum mich das ausgerechnet jetzt an meine eigenen Träume von der Million erinnerte? Weil ausgerechnet jetzt da jemand saß, den ich gut kenne: Der Kollege Ingo Kugenbuch, Chef unseres Regiodesks im Harz und dort verantwortlich nicht nur für die Ausgabe der MZ in Quedlinburg, sondern auch für die Ausgaben der Volksstimme in Wernigerode und Halberstadt.

Gegenüber Jauch outete er sich als „Klugscheißer“ der Familie – natürlich als einer, der wirklich alles besser weiß. Kugenbuch erzählte einem sichtlich beeindruckten und deshalb ausnahmsweise eher bewundert schweigenden Moderator von seinem „zufälligen“ Intelligenz-Test mit Traumergebnis. Und dass das es danach natürlich auch auf sein Autokennzeichen geschafft habe: WR – IQ 133.
Hürth bei Köln, nicht Köln-Hürth
Und während ich gleich zwei Fernsehabende – den am Dienstag und den am Donnerstag – so mit meinem Kollegen im Rampenlicht verbrachte, grübelte ich mal wieder darüber, wie man seit 25 Jahren in Deutschland Millionär werden kann – und was das mit mir zu tun hat.

Da wäre zunächst das Studio der Sendung. Wenn jemand sagt, es stehe in Köln-Hürth, dann ruft das bei mir in etwa die gleiche Reaktion hervor wie in Sachsen-Anhalt ein langgezogenes A bei der Aussprache der Landeshauptstadt.
Nein, Hürth ist nicht in Köln, sondern immer noch ganz schön eigenständig. Genauso wie nebenan meine Heimatstadt Brühl – und nein, das ist auch nicht das Brühl, wo Steffi Graf herkommt. Sondern das mit dem Phantasialand.
Von den TV-Shows beim Einkaufen verfolgt
Was das mit TV-Shows zu tun hat? Damals – schon vor Günther Jauch und den Millionären – eine ganze Menge: Wer dort aufwuchs und eben mal im Einkaufszentrum um die Ecke zum Beispiel eine neue Jeans kaufen wollte, musste sich schon einigermaßen geschickt anstellen, um nicht irgendwie doch noch auf dem Bildschirm zu landen. Oder in einem der Talkstudios von Bärbel Schäfer, Ilona Christen, Oliver Geissen oder gar Hans Meiser.

Oder aber auch in einem der Outdoor-Sketche von RTL Samstag Nacht, die oft genug eben dort im „Hürth Park“ aufgezeichnet wurden. Sagen wir es so: Die meiste Zeit war ich beim Einkaufen tatsächlich geschickt genug, um dem zu entgehen. Leider aber eben auch dem Stuhl gegenüber von Günther Jauch.
Wer muss der Joker sein?
Denn eigentlich – und so funktioniert die Show ja auch seit 25 Jahren – wissen wir alle es zu Hause vor dem Bildschirm ja immer besser. Und deshalb stellen wir uns selbst schon mal vorsichtshalber die Frage, wen wir denn als Joker benennen würden.
Da war schon immer Vorsicht geboten. Wenn man nämlich zu Hause genau darüber ins Gespräch kam, konnte es schon mal lange Gesichter geben. „Wie? Den oder die würdest Du nehmen? Aber nicht mich?!“ Das konnte ausarten in Grundsatzdiskussionen – bis hin zur ernsthaften Gefahr für langjährige Freundschaften, im Einzelfall sogar auf Kosten von Liebesbeziehungen.
Wenn Sie mich jetzt also fragen würden, wer denn meine Joker wären, wenn ich doch noch dort landen würde, hätte ich am liebsten ein Zeugnisverweigerungsrecht. Weil ich mich hier im beruflichen Umfeld bewege, würde ich mir dann vielleicht – diplomatisch wie ich bin – Gedanken darüber machen, ob ich mich nicht erstmal im Kollegenkreis umsehen sollte.
Ich käme dann vielleicht zu folgender Shortlist auf der Suche nach den letztlich nur drei möglichen Jokern:
Verbrechen und Geschichte: Stephan Westphal und Bernd Kaufholz
Schließlich haben unsere beiden True-Crime-Experten gerade erst wieder einen ganz alten Fall für ihren Podcast ausgegraben: Ein tödlicher Fehler führte 1858 dazu, dass ein unschuldiger junger Mann Opfer eines Auftragsmordes wurde, der für jemand anderen bestimmt war.

Im Podcast „Verbrechen in Mitteldeutschland“ beleuchten sie in dieser Folge die dramatischen Umstände des Verbrechens vor fast 170 Jahren, das noch heute in Jurastudien und Diskussionen präsent ist.
Sport: Chemie kennt keine Liga
Wie gesagt: Diplomatie ist alles. Natürlich würde ich mich deshalb in Sachen Sport voll und ganz auf den Sachverstand der Truppe von „Chemie kennt keine Liga“ verlassen. Ihren grenzenlosen, aber dennoch nüchternen Optimismus, der für die Jagd nach der Million absolut notwendig ist, haben die gerade mit ihrer Folge 17 des HFC-Podcasts und der kühnen Rechnung, dass die Aufstiegshoffnung von „Von einem auf drei Prozent gestiegen!“ sei, unter Beweis gestellt.

In dieser Folge sprechen Julius Lukas und MZ-Sportreporter Christopher Kitsche auch über das Dauerthema Regionalligareform. Das wiederum begleitet mich aus anderer Perspektive schon so lange, dass die damit verbundene Vertrautheit eine sichere Basis für die Beantwortung aller Sportfragen bei „Wer wird Millionär?“ bieten sollte.
Wirtschaft: Steffen Höhne
Der Autor unseres Wirtschafts-Newsletters „Mehrwert“ wäre bestimmt genau der Richtige, um mir jede Frage rund um Konjunktur, Inflation und Insolvenz zu beantworten, die mir nicht mehr geheuer genug wäre, um das selbst zu übernehmen.

Mit echtem Unternehmergeist könnte ich mich mit seiner Hilfe so auch über diese Lücke, falls es sie denn gibt, hinwegsetzen – auf dem Weg Richtung 125.000, 250.000 und 500.000 Euro.
Für alles, was wirklich wichtig ist: Jessica Quick
Da setze ich ohne Umschweife auf Jessica Quick und ihr Team des Familien-Newsletters von MZ und Volksstimme. Nicht, dass ich gerade da blank wäre. Aber wie das bei Experten und Familien so ist: Zusammen ist man erst wirklich stark.

Zusammen käme man dann sicher auch über Hürden, die man jetzt vielleicht noch gar nicht sieht. Denn auch für Überraschungen sind Günther Jauch und vor allem sein Team ja immer besonders gut – und das nicht nur wie üblich bei den ersten fünf Fragen.
Zuletzt: Nicht Ingo Kugenbuch
Das hat jetzt nichts mit dem Abschneiden des Kollegen gestern Abend zu tun. Tatsächlich habe ich sogar einen ausgemachten Respekt vor seinem Auftritt auf dem Stuhl. Sowohl was die Beantwortung einiger Fragen angeht, die ich so zumindest aus dem Stehgreif nicht hätte beantworten können.
Vor allem aber seine Zocker-Mentalität hat mich beeindruckt. Schließlich sitzt man ja in der Regel nur einmal im Leben gegenüber von Günther Jauch. Dies anzugehen mit dem Vorsatz, eine richtig große Summe abzusahnen und nicht irgendwo unterwegs den Buchhalter zu spielen: Dafür, das anzukündigen und dann auch genauso umzusetzen, braucht es schon ein breites Kreuz. Respekt!

Auch dass ich – natürlich – für seine Sportfrage am Dienstag keine drei Joker gebraucht hätte, ist für meine Auswahl nicht ausschlaggebend. Er wäre ja auch nicht mein Sportjoker, denn erstens habe ich den ja schon (siehe oben) und zweitens habe ich ja auch noch mich.
Nein, auch hier siegt schlicht und einfach die Diplomatie: Natürlich wäre mein dritter Joker der Chefredakteur, natürlich also Marc Rath. Wer sonst? Denn wie könnte ich den vergessen - ausgerechnet in „seinem“ Newsletter!
Lieber doch zu Hause auf der Couch alles besser wissen
Aber ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss? Habe ich nicht einfach alle Regeln der „Wer wird Millionär?“-Diplomatie gebrochen? Die gesamte Familie verprellt? Mindestens 100 andere kluge Frauen übersehen, die mich jetzt für einen „Chauvi“ halten? Gegen alle Regeln des Productplacements verstoßen? Eigentlich kann ich doch gleich wieder von vorne anfangen, oder?
Deshalb mein guter Rat: Lassen Sie die Finger von „Wer wird Millionär?“! Was hilft Ihnen das viele Geld, wenn Sie nachher keine Freunde mehr haben? Und dass nur, weil Sie auf jeden Fall die falschen Joker ausgewählt haben, von denen Sie noch nicht mal wissen, ob Sie die auf dem Weg zur Million wirklich brauchen. Wie gesagt, Ingo: Mit mir hättest Du zwei Joker gespart …
Ein schönes Wochenende, egal ob mit oder ohne Rätsel und andere Gesellschaftsspiele wünscht Ihnen
Ihr Frank Klemmer