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MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 17. Oktober 2024 Erneuter Tiefschlag für Flughafen Leipzig/Halle: Ryanair zieht sich zurück

Weitere Themen: E-Autos wenig gefragt/ Autozulieferer Trimet baut Jobs ab /Fit sucht einen Käufer / DocMorris schließt Lager / Kommt Großunternehmen nach Schkeuditz?

Aktualisiert: 17.10.2024, 09:31
Newsletter Ryanair
Newsletter Ryanair dpa/Stedtler

nach der Corona-Pandemie reisen die Deutschen wieder viel. Doch die mitteldeutschen Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden profitieren davon nur teilweise. Viele Verbindungen, die mit den Covid-Lockdowns weggefallen sind, kamen nicht zurück. Ende der vergangenen Woche gab es einen erneuten Rückschlag: Die Billigfluglinie Ryanair will sich aus Leipzig/Halle und Dresden ab 2025 komplett zurückziehen. In Leipzig/Halle betrifft das die Strecke nach London (dreimal wöchentlich) und in Dresden nach Mallorca.

Der Verlust an Passagieren ist überschaubar, doch mit Ryanair verlieren die Flughäfen eine Billigfluggesellschaft, mit der sie das Geschäft eigentlich ausbauen wollten. „Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die Flughäfen und die Regionen Leipzig, Halle und Dresden. Luftverkehr, Wirtschaft und Tourismus leiden unter den hohen Standortkosten in Deutschland“, sagt Flughafenchef Götz Ahmelmann.

Ryanair-Chef Eddie Wilson macht medienwirksam auf den Rückzug aufmerksam.
Ryanair-Chef Eddie Wilson macht medienwirksam auf den Rückzug aufmerksam.
Foto: Ryanair

Ryanair-Chef Eddie Wilson begründet den Schritt nicht mit einer schlechten Auslastung, sondern mit der Erhöhung der Ticketsteuer in Deutschland im Mai, die dazu führe, dass die deutschen Bürger „die höchsten Flugpreise in Europa zahlen“. Ryanair reicht die Steuer an die Kunden weiter, die Billigtickets werden dadurch deutlich teurer. Daher fliegt die irische Airline nun lieber von anderen europäischen Flughäfen. Dort wird offenbar dank Niedrigpreisen mehr geflogen.

Wilson greift die Bundesregierung direkt an: „Die Weigerung, das Wachstum an deutschen Flughäfen zu fördern, ist kurzsichtig, da Ryanair bereit ist, in Deutschland erheblich zu wachsen, doch die steigende Luftverkehrssteuer, Sicherheits- und Flugsicherungsgebühren führen dazu, dass diese Kapazitäten in andere EU-Staaten abwandern.“ Als Konsequenz zieht sich Ryanair nicht nur aus Leipzig/Halle zurück. In Hamburg soll das Angebot um 60 Prozent reduziert werden, in Berlin um 20 Prozent.

Was den Ryanair-Chef aufbringt, ist folgender Umstand: Am 1. Mai hatte die Bundesregierung die sogenannte Ticketsteuer auf Flüge je nach Endziel der Flugreise auf 15,53 bis 70,83 Euro pro Ticket angehoben – das entspricht einem Anstieg von mehr als 20 Prozent. Zusätzlich waren die Abgaben für Fluglotsen gestiegen, weil die staatseigene Deutsche Flugsicherung Verluste aus der Pandemie hereinholen soll. Auch der Preisdeckel für die Luftsicherheitsabgabe (Sicherheitskontrolle der Passagiere) soll angehoben werden. Die Konsequenzen hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr zuletzt bereits in Dresden erläutert: Allein aufgrund von Steuern und Gebühren würde der Start eines Lufthansa-Airbus am Flughafen Dresden inzwischen 4.500 Euro kosten. Im benachbarten Prag seien es dagegen nur 500 Euro. „Allein dadurch ist es für die Lufthansa attraktiver, von Prag zu starten“, so Spohr.

Das Passagieraufkommen liegt noch knapp 30 Prozent unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie.
Das Passagieraufkommen liegt noch knapp 30 Prozent unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie.
Grafik: Büttner

Auch die Lufthansa-Tochter Eurowings und der Ferienflieger Condor wollen ihr Angebot in Deutschland deutlich reduzieren. Ob der Druck der Airlines die Bundesregierung zum Umdenken bewegt? Das wäre nötig. Denn die Ticketsteuer reduziert hierzulande das Angebot, führt aber nicht zu mehr Klimaschutz. Denn die Einnahmen aus der Ticketsteuer wandern in den deutschen Steuersack – werden also nicht für Klimaschutzprojekte verwendet.

Und der Flugverkehr wird dadurch auch nicht reduziert, sondern nur ins Ausland verlagert. Es wird Zeit, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) die Kraft aufbringt, dieses Trauerspiel zu beenden. Für Leipzig/Halle und Dresden ist das inzwischen existenziell. Durch den Wegfall der Verbindungen verlieren die Airports massiv an Attraktivität. Die begonnene Sanierung der Flughäfen wird so noch schwieriger.

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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne

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