MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 2. Januar 2025 Produktion bricht ein: Wie kommt die Industrie 2025 aus der Krise?
Weitere Themen: Wahlkampfthema Mindestlohn, Viel Arbeit an Feiertagen, Höchstes Holzhochhaus, Fabrik für Simson-Teile, Höhere Beiträge für Kassen
wurde bei Ihnen in der Familie am Festtagstisch auch über die wirtschaftliche Lage viel diskutiert? Die aktuellen Konjunkturdaten sind so trüb, wie das Wetter heute Morgen. Wer sich ökonomisch richtig gruseln möchte, dem empfehle ich den Bericht „Deutsche Wirtschaft im Winter 2024“ vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Es handelt sich um eine schonungslose Analyse der Situation. Besonders sichtbar wird dies an der Grafik der Industrieproduktion in Deutschland, die bereits seit 2017 sinkt.
Die Autoren schreiben: „Schließlich hat sich die Industrieproduktion in Deutschland von der weltweiten Industrieproduktion abgekoppelt. Die weltweite Produktion ist seit dem Jahr 2019 deutlich gestiegen, so dass international wirkende zyklische Gründe nicht für die Produktionsschwäche in Deutschland verantwortlich sein können.“
Interessant ist, dass die Bruttowertschöpfung in der Industrie deutlich stabiler verläuft. Die Bruttowertschöpfung wird durch Abzug der Vorleistungen von den Produktionswerten errechnet. Sie umfasst also nur den im Produktionsprozess geschaffenen Mehrwert. Für diese Entwicklung gibt es laut Ökonomen verschiedene Ursachen. Aufgrund freier Kapazitäten könnten die Unternehmen möglicherweise weniger Waren für die Produktion aus dem Ausland zugekauft und den Anteil der eigenen Wertschöpfung erhöht haben. Das Outsourcing würde dann sinken.
Ein weiterer Faktor könnte sein, dass die arbeitsintensive Produktion ins Ausland verlagert wurde, die Aktivitäten in der eigenen Forschung und Dienstleistungen hierzulande aber hochgefahren werden. Einige Ökonomen sind daher der Meinung, die Gesamtlage ist nicht so schlecht, wie der Einbruch der Produktion suggeriert. Schaut man sich jedoch die Kapazitätsauslastung und die Zahl der Insolvenzen an, dann ist die Lage auf jeden Fall dramatisch genug.
Über die Ursachen wurde bereits viel berichtet. Vier Faktoren werden immer wieder genannt: hohe Energiekosten, hohe Arbeitskosten, viel Bürokratie und Fachkräftemangel. Die noch amtierende Bundesregierung hat auch deswegen in der Wirtschaft einen so schlechten Ruf, weil sie keines der Probleme entscheidend angegangen ist.
Es gibt durchaus Maßnahmen, die wirken würden: So könnte Deutschland mit Russland darüber sprechen, wieder billiges Erdgas zu importieren. Wer das - aus guten Gründen - politisch ablehnt, muss jedoch andere Wege benennen.
Kurz vor Weihnachten habe ich mit dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Sascha Gläßer, zu dem Thema gesprochen. Sein Ansatz ist, den Zeitplan der Transformation zu überarbeiten. Das könnte bedeuten: Länger als geplant auf die Kohle zu setzen und Gas-Fracking in Deutschland zu erlauben, um so das Energieangebot auszubauen. Das ist politisch aber auch nicht populär.
In diesem Newsletter wird es in diesem Jahr – neben den aktuellen Nachrichten – darum gehen, welche Lösungen Unternehmen aus Mitteldeutschland anbieten. Dem Batteriespeicher-Hersteller Tesvolt aus Wittenberg werden gerade seine riesigen Stromspeicher zur Netzstabilität von den Kunden aus den Händen gerissen. Ist das ein Ansatz für eine günstige und verlässliche Stromversorgung? Wie billig muss Grünstrom sein, damit grüner Wasserstoff als Erdgasersatz wettbewerbsfähig wird? Der Elektrolyseur-Hersteller Sunfire aus Dresden hat darauf sicher Antworten. Die bekannte Dresdner Firma Wandelbots arbeitet an einer Software, dass auch Mittelständler problemlos Industrieroboter einsetzen können.
Kurz: Anstatt die Probleme nur zu benennen, muss mehr über Lösungen gesprochen werden.
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Liebe Leserinnen und Leser des Newsletters, ich wünsche Ihnen ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2025. Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
Wichtige Wirtschaftsthemen der Woche aus Mitteldeutschland
Höhere Beiträge für Krankenkassen
Wegen steigender Gesundheitsausgaben erhöhen die Krankenkassen ihre Beiträge stark. Teilweise liegen die Sätze bereits bei 18 Prozent. Wie viel Versicherte 2025 mehr zahlen müssen. (MZ)
Wahlkampf mit Mindestlohn
Am Jahresanfang wird die Lohnuntergrenze auf 12,83 Euro pro Stunde angehoben. Die linken Parteien fordern aber 15 Euro. Welche Folgen das hätte. (MZ)
Viel Arbeit am Feiertag
In Sachsen-Anhalt müssen besonders viele Beschäftigte nachts, an Feiertagen oder am Wochenende arbeiten, also dann, wenn der Rest des Landes frei hat. Auf Dauer kann das krank machen. (MZ)
Volle Stadien, leere Clubs
Zwei Jahre nach Corona hat sich die Konzertbranche erholt, Stars spielen erfolgreiche Touren. Warum die gestiegenen Preise für Großevents aber kleinen Häusern und Neulingen schaden. (MZ)
Große Stromspeicher boomen
Batteriespeicher sollen einen Teil der Lücke in der Stromversorgung füllen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Netzbetreiber erleben einen Boom an Anträgen in Sachsen-Anhalt. (VS)
Hochhaus aus Holz
Der Leipziger Osten könnte bald ein neues Wahrzeichen bekommen: Die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt möchte im Stadtteil Paunsdorf das erste Holzhochhaus in Sachsen errichten. Es wäre zugleich das höchste in Deutschland und das zweithöchste in ganz Europa. (LVZ)
Neue Ersatzteile für alte Simson
Die in der DDR gebaute Simson ist weiter sehr beliebt. Nun baut das vogtländische Unternehmen „ZT Tuning“ eine Fabrik für Ersatzteile. Das Land Sachsen fördert die Investition. (Oiger)
13 Prozent Lohnplus bei Großbäcker
Die Tarifvertragsparteien haben sich auf Einkommensverbesserungen für die Beschäftigten der Großbäckerei Aryzta in Eisleben geeinigt. Der Abstand zum Mindestlohn in den unteren Gruppen wird damit größer. (MZ)
Banker sollen zahlen
Die VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden hat vier ehemalige Bankvorstände aufgefordert, bis zum Jahresende Schadenersatz in Millionenhöhe zu zahlen. Denn sie seien für die hohen finanziellen Verluste der Bank verantwortlich. (MDR)
Schlechtes Börsenjahr für Thüringen
Das Börsenjahr ist aus Thüringer Sicht überaus schlecht zu Ende gegangen. Fast alle Thüringer Aktien haben 2024 zweistellige Prozentwerte verloren. (MDR)