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MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 27. Juni 2024 Abhängig von China: Relaxdays-Chef Menz erklärt, warum das so ist

Weitere Themen: Wirtschaftsminister fordert Kursänderung / Neue Chefin bei Intel / Schokofirma sucht Investoren / Neues Netzwerk für Investoren / Hohe Kartoffelpreise

27.06.2024, 09:00
Wirtschaftsnewsletter China
Wirtschaftsnewsletter China AP/Stedtler

in der vergangenen Woche bin ich im Versandlager des Onlinehändlers Relaxdays in Großkugel in Sichtweite des Flughafens Leipzig/Halle gewesen. Gründer und Firmenchef Martin Menz hat 2006 angefangen, Produkte über Ebay zu verkaufen, und führt heute einen führenden Online-Händler im Bereich Haus, Garten und Freizeit in Deutschland. Bis zu 25.000 Pakete verlassen täglich das Lager. Mit Menz habe ich über den Handel seines Unternehmens mit China gesprochen.

Relaxdays lässt viele Waren unter der eigenen Marke exklusiv für sich herstellen. Rund 90 Prozent der Produkte kommen aus Asien, der Großteil davon aus China. Menz erläutert, warum er vor allem auf Lieferanten aus dem Reich der Mitte setzt. Das liegt nicht nur am Preis, sondern auch an der Qualität und Zuverlässigkeit. „Die Produzenten benötigen auch immer den Zugriff auf günstige Rohwaren wie Metall oder Kunststoff“, sagt Menz. In China sei das aufgrund der Größe des Heimatmarktes gegeben. Das Land fördere viele Rohstoffe selbst. In anderen Staaten stoße man da immer wieder auf Engpässe.

Martin Menz hat Relaxdays gegründet und zu einem der führenden deutschen Onlinehändler entwickelt.
Martin Menz hat Relaxdays gegründet und zu einem der führenden deutschen Onlinehändler entwickelt.
Foto: Höhne

Doch China ist für Relaxdays nicht nur Partner, sondern zunehmend auch Konkurrent. Chinesische Onlinehändler wie Temu, Shein und AliExpress drängen auf den deutschen Markt und beliefern die deutschen Kunden direkt. Darauf muss Relaxdays reagieren. Etwa 100 der 400 Mitarbeiter des Unternehmens mit Sitz in Halle sind laut Menz Software-Entwickler. „Wir haben uns bisher gegen Amazon, Otto & Co. nicht wegen unseres Lagers, sondern mit digitalen Prozessen behauptet“, schildert er. Den gesamten Text können Sie hier frei lesen.

Die Einblicke bei Relaxdays machen deutlich, dass es für deutsche Firmen alles andere als einfach ist, ihre Abhängigkeit von China zu reduzieren. Doch genau das fordert die Bundesregierung – allen voran Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Lieferketten sollen diversifiziert werden, heißt es. Das ist in der Theorie auch richtig, in der Praxis aber nicht einfach umzusetzen.

Ein Blick auf die Handelsbilanz von Sachsen-Anhalt mit China zeigt, dass diese nicht ausgewogen ist. In den vergangenen zehn Jahren verdoppelten sich die Importe auf 2,6 Milliarden Euro. China hat bei den Einfuhren Russland als wichtigsten Handelspartner abgelöst. Die Ausfuhren in die Volksrepublik stiegen in dem Zeitraum dagegen nur um 27 Prozent auf 725 Millionen Euro. Die wichtigsten Exportgüter sind Pharma- und Chemieprodukte sowie Maschinen. Aus China werden vor allem Elektronikprodukte wie Handys und Computer, aber auch Solarzellen importiert. Ähnlich ist die Entwicklung in Deutschland insgesamt.

Die Einfuhren aus China sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Die Einfuhren aus China sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Grafik: Tobias Büttner

Es ist durchaus richtig, dass Deutschland und andere europäische Staaten nicht tatenlos zusehen sollten, wie chinesische Firmen hierzulande immer mehr Marktanteile gewinnen. Die Frage ist nur: Was sind die richtigen Mittel? Die Außenhandelsexpertin Birgit Stodtko von der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) lehnt die von der EU geplanten Zölle auf chinesische Elektroautos ab. „Das würde unweigerlich zu Gegenreaktionen führen, die uns schaden würden“, sagte sie. Die Verflechtungen über die Lieferketten seien so hoch, dass ein Handelskonflikt auch Firmen in Sachsen-Anhalt massiv treffen könnte.

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research warnte im MZ-Interview davor, dass mögliche Gegenzölle auf deutsche Autos mit Verbrennungsmotor auch das Porsche-Werk in Leipzig treffen würden. „Ich schätze, durch Gegenzölle könnten bis zu 25 Prozent der Produktion in Leipzig wegfallen“, so der Experte.

Es gibt sicher Schutzmaßnahmen gegenüber China, etwa die Förderung der deutschen Solarindustrie, die sinnvoll sein können. Generell kann man sich durch Zölle unliebsame Wettbewerber aber nur begrenzte Zeit vom Hals halten. Am Ende hängt alles von der eigenen Wettbewerbsfähigkeit ab.

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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne

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Foto: Marvin Matzulla

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Foto: Intel/dpa

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