Zum Tod von Rudolf Probst Zum Tod von Rudolf Probst: "Er war ein Kämpfer und Zirkus sein Leben"
Stassfurt - Tulpen, Rosen, Nelken - Blumen liegen am Eingang zum Winterquartier von Zirkus Probst in Staßfurt (Salzlandkreis). Es sind die Lieblingsblumen des Firmengründers. Nun erinnern die Sträuße, niedergelegt von seinen Fans, an eine Legende. Deutschlands ältester Zirkusdirektor Rudolf Probst ist tot, gestorben im Alter von 92 Jahren. Ein Kapitel ostdeutscher Zirkusgeschichte endet.
Der Familienzirkus, von Probst 1945 im heutigen Dessau-Roßlau gegründet, schaffte es zuletzt sogar bis zum weltberühmten Festival in Monte Carlo. Schon zu DDR-Zeiten konkurrierten seine Tiernummern mit dem Staatszirkus - und lagen auch wegen ihres Witzes in der Gunst des Publikums oft weit vorn. Das Lebenswerk von Rudolf Probst: 70 Jahre Spitzenzirkus aus Anhalt, der Hunderttausende von Zuschauern begeisterte.
Eine letzte große Genugtuung erlebte Probst vor drei Jahren mit einer besonders ausgefallenen Darbietung. Ponys, Ziegen, Schweine und Hühner - unter einfühlsamer Führung von Tochter Mercedes und Enkelin Alexandra - begeisterten beim internationalen Zirkusfestival in Monaco. Fürst Albert II., Schirmherr der inoffiziellen Weltmeisterschaft, jubelte.
Unter Walter Ulbricht und Erich Honecker musste Probst andere Erfahrungen sammeln. Jahrzehntelang lag der Zirkusbesitzer mit dem Staat im Clinch. „Dass ein Privater sich behauptete, passte einfach nicht ins Konzept“, so sein langjähriger Freund Otto Thonhofer. Der Seelsorger und Zirkusfreund aus Thüringen lernte Probst als Tourneehelfer 1957 kennen. „Ich baute das Zelt mit auf und ab, mistete den Stall aus - er hatte seine Augen überall.“
So herrschte zwar Ordnung in dem kleinen Dorf auf Rädern. Doch genau das erwies sich letztlich als Problem: Der Zirkus zog ungebunden und damit schwer kontrollierbar von Erfolg zu Erfolg. Und Probst, erzählt Thonhofer, ließ sich nicht reinreden. „Von niemanden, außer seiner 20 Jahre jüngeren Frau Monika.“ Zwangsläufig geriet der Zirkusdirektor deshalb in Konflikt mit dem Regime. Zweimal wurde die Familie de facto enteignet. Gründe für das rigide Vorgehen fanden sich immer: 1953 wurde Probst unter dem Vorwand der Steuerhinterziehung eingesperrt.
Artist und Tierbändiger
Zwei Jahrzehnte später wiederholte sich alles noch einmal. Anlass: Ein Elefant, den der Zirkus während eines Gastspiels in Ungarn erwarb, wurde als Zollvergehen angesehen. Das Tier kam in den Magdeburger Zoo. Dass Probst nach der Haft 1981 noch einmal durchstartete, grenzte an ein Wunder. Sein katholischer Seelsorger: „Er war ein Kämpfer und Zirkus sein Leben.“
Obwohl der Artist und Tierbändiger großes Organisationstalent und einen Riecher für das Geschäftliche hatte, geriet der Zirkus nach 1989 beinahe ins Straucheln. Anfangs gab die Familie, die an volle Zelte gewöhnt war, mitunter Vorstellungen vor zwei Dutzend Besuchern. Dann gingen die Dompteure in den Westen, wo sie mehr verdienten. Sohn Rüdiger, der sich bis dahin um die Bären kümmerte, sprang ein und übernahm die führerlose Tigergruppe.
Erst Mitte der 1990er Jahre hatten Probst und sein Team das Publikum zurückerobert, hauptsächlich zwischen Rügen und Erzgebirge: 250 bis 300 Vorstellungen pro Jahr mit 20 Artisten, 50 Saisonkräften und 80 Tieren. Eine Seltenheit: das zirkuseigene Orchester.
Bis zu 1 500 Gäste jubelten, wenn die weltweit einmalige Pavian-Show lief oder lachten mit dem ungarischen Clown Pom Pom. Unerwartet hart traf das Unternehmen und seinen Gründer dann die Einführung des Mindestlohnes zu Jahresbeginn. Die Tournee im 70. Jahr des Zirkus wurde aus Kostengründen abgesagt.
Seinen Kindern gab Rudolf Probst als Maxime mit auf den Weg: Es muss immer weitergehen. (mz)