Zugunglück in Hordorf Zugunglück in Hordorf: Experte nennt Strecke

Magdeburg/MZ. - am Donnerstag als „höchstgefährlich“ bezeichnet. In seinem für eine Versicherung erstellten Gutachten hatte der Professor darauf verwiesen, dass sie nach einem Sofortprogramm der Deutschen Bahn bereits 2008 hätte mit einer Anlage ausgestattet werden sollen, die einen Zug automatisch bremst, wenn er Haltesignale überfährt.
In dem Prozess am Magdeburger Landgericht wird einem 41-jährigen Güterzug-Lokführer vorgeworfen, sowohl ein Vor- als auch ein Haltesignal überfahren und so den Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Harz-Elbe-Express verursacht zu haben.
Obwohl es bereits 2008 einen Beinahe-Unfall an gleicher Stelle gab, war die Technik für die Zwangsbremsung erst Monate nach der Kollision von 2011 installiert worden. Grund für viele Verzögerungen bei Plänen der Bahn sei das Bestreben, Arbeiten selbst auszuführen, statt sie an Fremdfirmen zu vergeben, so der Experte. Ob das auch in diesem Fall so war, konnte er nicht sagen. Bei einer Streckenbegehung ein halbes Jahr nach dem Unfall sei zudem zumindest das Haltesignal schwer erkennbar gewesen. Er kritisierte, dass die Lichtintensität des Signals nicht untersucht worden ist.
Eine zentrale Frage war auch am sechsten Prozesstag, ob der Angeklagte während der Fahrt in der hinteren der beiden Loks war, die den Güterzug zogen. Mehrere Fachleute hatten das bisher verneint. Sowohl der Berliner Professor als auch eine Rechtsmedizinerin erklärten, dass der Lokführer auch auf der ersten Lok fast unverletzt geblieben sein kann. Er hatte nur eine Schwellung und einen blauen Fleck am Oberschenkel - hätte aber auch einen Meter über der Kollisionshöhe gesessen und durch seine Lok nach vorn acht Meter „Pufferzone“ gehabt, hieß es.
Ein nach dem Unglück eingesetzter Feuerwehrmann, der am Donnerstag per Videokonferenz aus Afghanistan zugeschaltet wurde, hatte angegeben, dass die zweite Lok beleuchtet und der Funk an war. Die Beleuchtung könne durch herumfliegende Teile beim Aufprall angeschaltet worden sein, argumentierte indes der Eisenbahn-Experte.
Ein Anwalt der Nebenklage stellte zahlreiche Beweisanträge - unter anderem bekräftigte er seine Forderung nach einem unfallanalytischen Gutachten, das Bremswege und die bei der Kollision wirkenden Kräfte beleuchtet.
Entkräftet scheint unterdessen die Annahme, der Lokführer könnte durch ein Telefonat abgelenkt gewesen sein. Die erste Unfallmeldung bei der Bahn ging laut einem nun verlesenen Protokoll zwei Minuten vor einem durch den Provider registrierten Telefonat des Angeklagten ein. Überzeugt ist die Nebenklage allerdings auch in diesem Punkt nicht. Je nachdem, wie das Gericht über die neuen Beweisanträge entscheidet, könnten am nächsten Prozesstag bereits die Plädoyers folgen.