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Immobilienmarkt in Sachsen-Anhalt Wohnungswirtschaft in Sorge: Kein Geld für Neubau und Modernisierungen

Die großen Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt haben in den ländlichen Regionen immer höhere Leerstände. Vom Land fühlen sich die Firmen nur unzureichend unterstützt.

Von Steffen Höhne 06.10.2024, 18:00
In Dessau wird gerade ein Block in der Kavalierstrasse saniert.
In Dessau wird gerade ein Block in der Kavalierstrasse saniert. Foto: Thomas Ruttke

Halle/MZ. - Steigende Baukosten und hoher Leerstand belasten viele kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt. Vom Land sehen sie sich in dieser kritischen Phase nur unzureichend unterstützt. Bei einem Haushalt von mehr als 14 Milliarden Euro im Jahr werde kaum noch Geld für Wohnungsinvestitionen ausgegeben, sagt Jens Zillmann, Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft, der die kommunalen Gesellschaften vertritt.

Laut Zillmann wurden mit Hilfe des Landes im vergangenen Jahr lediglich 376 Wohnungen modernisiert. Das seien 0,1 Prozent des Bestandes der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungen. Bis zum Jahr 2029 wollen die Unternehmen zudem mehr als 1.600 von aktuell etwa 30.000 leerstehenden Wohnungen abreißen. „Dafür benötigen wir zehn Millionen Euro Förderung“, so Zillmann. Durch die geplante Halbierung der Städtebauförderung sieht der Verbandschef diese gefährdet.

Viele Mieter sind Sozialhilfeempfänger

Zillmann weist darauf hin, dass die kommunalen und genossenschaftlichen Unternehmen Teil der Daseinsvorsorge sind. „Etwa 40 Prozent der Mieter bei den kommunalen Firmen sind auf Sozialtransfers angewiesen“, erläutert er. Die Mieten seien daher quasi staatlich festgelegt. Durch hohe Zinsen und steigende Baukosten könnten die Unternehmen oft nur noch Geld in die Instandhaltung stecken. „Neubau findet so gut wie nicht mehr statt“, so Zillmann.

Jens Zillmann, Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt, rechnet aufgrund der Dempgrafie  mit steigenden Leerständen.
Jens Zillmann, Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt, rechnet aufgrund der Dempgrafie mit steigenden Leerständen.
Foto: Höhne

Sachsen-Anhalts Bauministerin Lydia Hüskens (FDP) nimmt die Sorgen ernst. Auf MZ-Anfrage sagte sie: „Bei der laufenden Evaluierung der Programme werde ich mich dafür einsetzen, die Abriss-Förderung zu erhalten und dauerhaft in der Städtebauförderung zu belassen.“ Das Bauministerium sah sich zu den starken Kürzungen bei der Städtebauförderung gezwungen, da die Ausgaben für Wohngeld massiv gestiegen sind.

Werde mich dafür einsetzen, die Abrissförderung zu erhalten.

Bauministerin Lydia Hüskens (FDP)

Das Ministerium bestätigt die niedrigen Zahlen bei Modernisierungshilfen. Zugleich wird darauf verwiesen, dass es auch noch andere erfolgreiche Programme wie das Aufzugsprogramm zum Einbau von Liften gebe.

Die Wohnungsfirmen leiden unter der demografischen Entwicklung. Von den mehr als 300.000 Wohnungen stehen den Angaben zehn Prozent leer. Während in den Großstädten Halle und Magdeburg der Leerstand niedrig ist, steigt er in den ländlichen Regionen. Betroffen sind vor allem die Landkreise Jerichower Land, Mansfeld-Südharz und Dessau-Roßlau.

Leerstand in ländlichen Räumen hoch

„Ein Viertel der kommunalen Mitgliedsunternehmen hat bereits Leerstandsquoten von mehr als 15 Prozent“, so Zillmann. Dieser Wert gelte als kritisch, da dann die Rentabilität der Firmen verloren ginge. Das sieht auch Hüskens so. Aus dem Ministerium heißt es: „Aufgrund der mit dem Leerstand verbundenen Mieteinbußen verfügen die Unternehmen über eine derart geringe Liquidität, dass ihnen die notwendigen Investitionen in ihre Bestände nicht oder kaum möglich sind.“

Bei der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) lag der Leerstand zuletzt bei knapp unter 30 Prozent, das waren 2.000 Wohnungen. DWG-Geschäftsführer Thomas Florian wies bereist Anfang des Jahres darauf hin, dass „der Leerstand sich ändern kann. Dafür benötigen wir aber Unterstützung des Landes“. Dazu müssten Wohnungen modernisiert werden, um etwa auch attraktiv für Menschen aus Halle oder Leipzig zu werden. Dazu will die DWG in den kommenden Jahren 100 Millionen Euro investieren.

Das Grundproblem, die demografische Entwicklung, bleibt. Zillmann erläutert das anhand zweier Zahlen: 2023 wurden in Sachsen-Anhalt laut Statistischem Landesamt 13.552 Babys geboren, demgegenüber starben 35.584 Menschen. „Sachsen-Anhalt verliert jedes Jahr eine Kleinstadt“, so der Verbandschef. Das ließe sich auch nicht zur Zuwanderung ausgleichen.