Strom Umstrittene Windräder: Wie wichtig sind die Anlagen für die Energieversorgung?
US-Präsident Trump, AfD-Chefin Weidel und viele Bürger wollen keine neuen Windräder. Dabei erzeugen inzwischen neue Anlagen viel und günstig Strom.
Halle/MZ. - Erst war es nur eine Drohung, doch wenige Stunden nach seiner Amtseinführung hat Donald Trump seine Ankündigung wahr gemacht: Per Dekret hat der neue US-Präsident den Bau neuer Windkraftanlagen in den USA vorerst gestoppt. Ob er sich damit gegen Bundesstaaten juristisch durchsetzen kann, die an dem Bau festhalten wollen, ist fraglich. Doch Trump hat zunächst ein Zeichen gegen Erneuerbare Energien gesetzt.
In Deutschland macht die AfD im Wahlkampf gegen die Ökostromanlagen mobil. In ihrer Parteitagsrede in Riesa kündigte AfD-Chefin Alice Weidel an, ihre Partei wolle die Anlagen „niederreißen“. Wörtlich sprach sie von „Windmühlen der Schande“. Etwas später ruderte sie zurück und sprach von einem Missverständnis. Ihre Aussagen sollen sich nur auf einen zuvor in der Rede erwähnten Windpark in Hessen bezogen haben.
Kostengünstige Produktion
Beim Blick auf Deutschland und Sachsen-Anhalt wird laut Energieexperten deutlich, dass ein Abriss allein aus wirtschaftlichen Erwägungen kaum möglich ist. In Sachsen-Anhalt stehen aktuell knapp 2.800 Windenergieanlagen, die mehr als ein Drittel des insgesamt erzeugten Stroms liefern, es folgt die Braunkohle mit einem Anteil von 20,6 Prozent und Erdgas mit 13,3 Prozent. Für eine verlässliche Versorgung sei die Windkraft inzwischen unerlässlich, sagt Wolf-Peter Schill vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Nach Angaben des Energieexperten liefern die Anlagen inzwischen vergleichsweise günstig Strom. Die sogenannten Entstehungskosten (Produktionskosten plus Investitionskosten im Lebenszyklus) liegen laut einer Studie des Fraunhofer ISE in Freiburg (Baden-Württemberg) bei fünf bis acht Cent je Kilowattstunde. Zum Vergleich: Mit Steuern und Abgaben zahlen aktuell viele Haushaltskunden zwischen 34 und 40 Cent je Kilowattstunde für ihren Strom.
Bei großen Solarparks liegen die Entstehungskosten sogar nur bei vier bis sechs Cent je Kilowattstunde. Ein neues Braunkohlekraftwerk würde Strom für 15 bis 25 Cent je Kilowattstunde produzieren. Das liegt nicht nur an hohen Investitionskosten für Kraftwerk und Tagebau, sondern auch an steigenden CO₂-Preisen im Zuge des Klimaschutzes. Allerdings: Alte, abgeschriebene Kohlekraftwerke, die nichts oder wenig für den CO₂-Ausstoß zahlen müssen, können den Strom für drei bis vier Cent je Kilowattstunde produzieren. Auch abgeschriebene Kernkraftwerke liefern sehr günstig Strom. Laut der Studie wären allerdings neu gebaute Atomkraftwerke die mit Abstand teuerste Erzeugungsart mit Kosten zwischen 14 und 50 Cent je Kilowattstunde.
Sind große Batteriespeicher die Rettung?
Die Stromentstehungskosten dürfen nicht mit den tatsächlichen Stromkosten verwechselt werden. Wind- und Solaranlagen liefern anders als fossile Energieträger wetterabhängig Strom, für die dezentralen Anlagen muss das Netz deutlich ausgebaut werden. Das kostet. Wie teuer die Rechnung am Ende ausfällt, darüber gibt es unterschiedliche Rechnungen.
Solarparks liefern vor allem tagsüber und im Sommer viel Strom, Windkraftwerke haben eher in der kälteren Jahreszeit und nachts eine hohe Einspeisung. Beides ergänzt sich. Dennoch können die Erneuerbaren Energien ohne große Speicher oder flexible Ersatzkraftwerke nicht kontinuierlich Strom liefern. Koppelt man Solar-Freiflächenanlagen und Windenergieanlagen mit Batteriespeichern, liegen die Stromkosten laut Fraunhofer ISE zwischen sechs und 22,5 Cent pro Kilowattstunde.
„Diese Berechnungen zeigen, dass die in Deutschland gerade anlaufenden Großprojekte mit einer Kombination aus PV-Freiflächenanlage, Windpark und stationären Batteriespeichern gute Investitionen sind“, sagt Christoph Kost vom Fraunhofer ISE. Das stimmt für Privatkunden und kleine Gewerbe. Große energieintensiven Industrieunternehmen wie Chemiefirmen benötigen jedoch Preise von vier Cent je Kilowattstunde, um international wettbewerbsfähig zu sein. Das Preisniveau erreichen neu gebaute Ökostromanlagen nicht. Das schaffen derzeit nur ältere, konventionelle Kraftwerke, deren Investitionen abgeschrieben sind.
Akzeptanz vor Ort fehlt oft
Eine weitere Hürde beim Bau großer Wind- und Solarparks ist die fehlende Akzeptanz bei betroffenen Bürgern. Bei fast jedem Großprojekt bilden sich Bürgerinitiativen, die dagegen vorgehen. Der Wissenschaftler Russell McKenna von der ETH Zürich (Schweiz) hat dazu eine Studie erstellt. „Die Forschung über Akzeptanz geht heute davon aus, dass die Menschen eine emotionale Verbindung zu dem Ort haben, an dem sie leben. Und Windräder werden dort oft als störend empfunden“, sagte McKenna der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Man erreiche mehr Akzeptanz, indem die lokale Bevölkerung in den Prozess rund um die Planung von Anlagen, aber auch in deren Betrieb einbezieht. Eine finanzielle Beteiligung erhöhe die Akzeptanz. In Sachsen-Anhalt soll daher eine Akzeptanzabgabe eingeführt werden, welche die Betreiber an die Gemeinde zahlen .