Abschied von Christof Queisser Führungswechsel bei Rotkäppchen: Silvia Wiesner wird neue Sektkellerei-Chefin
Führungswechsel bei Deutschlands größter Sektkellerei: Der langjährige Geschäftsführer Christof Queisser übergibt an Silvia Wiesner. Was sind die Gründe dafür?
Freyburg/MZ. - Viele Unternehmen in Deutschland schreiben sich neben Wachstum und Profitabilität auch Kontinuität auf die Fahnen. Es gibt aber nur wenige, die das so gut hinbekommen, wie die Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm aus Freyburg (Burgenlandkreis). Seit der Privatisierung nach der Wiedervereinigung führten bisher zwei Geschäftsführer das Unternehmen – beides Männer. Gunter Heise von 1991 bis 2013. Seither leitet Christof Queisser das Unternehmen – inzwischen zwölf Jahre lang.
Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, wird im Frühjahr 2025 mit Silvia Wiesner eine Frau an der Spitze des Unternehmens stehen. Sie besitzt umfangreiche Erfahrung im Marketing und im Management in der Konsumgüterindustrie. Sie war 17 Jahre in verschiedenen Managementpositionen beim Konsumgüterriesen Unilever tätig, der unter anderem in Deutschland die Marken Knorr (Suppen, Soßen), Langnese (Eis) und Axe (Deo) besitzt. „Ich freue mich sehr darauf, meine Erfahrung und meine Ideen in ein breit aufgestelltes und innovatives Unternehmen einzubringen und mit einem starken Team zusammenzuarbeiten“, sagt Wiesner in einer Mitteilung.
Queisser wechselt zu einem anderen Unternehmen
Nach MZ-Informationen hatte Queisser bereits im Sommer die Rotkäppchen-Gesellschafter (unter anderem Familie Eckes-Chantré und Heise) informiert, dass er sich noch einmal „neuen Herausforderungen“ stellen möchte. Daraufhin wurde eine neue Firmenspitze gesucht. Der 55-Jährige hat offenbar ein Jobangebot eines anderen Unternehmens, das er nicht ausschlagen wollte. „Es war mir eine große Ehre“, sagte Queisser am Mittwoch in einem Online-Gespräch. „Es sind nicht nur die Sekte, Weine und Spirituosen, die das Unternehmen erfolgreich machen, sondern vor allem die Menschen, die hier tätig sind“, sagte er sichtlich bewegt. Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen. „Sie ist mir sehr schwer gefallen.“
„Christof Queisser hat es hervorragend verstanden, Stabilität mit Innovationsbereitschaft in seiner Führung zu vereinen und somit das Unternehmen nachhaltig zu stärken“, sagt Gesellschafterin und Beiratsvorsitzende Petra Roller. Die Zusammenarbeit sei geprägt gewesen von großem Vertrauen und Loyalität. Queisser hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren ohne Verwerfungen durch die Corona-Pandemie und die hohe Inflation geführt. Der Umsatz stieg kontinuierlich seit 2013 von 823,1 Millionen Euro auf zuletzt 1,2 Milliarden Euro. Durch Zukäufe wie beispielsweise den Bremer Weinhändler Eggers & Franke vergrößerte Queisser die Basis des Unternehmens. Erworben wurden nur Firmen, die die bestehenden Bereiche des Sekthauses voranbringen. Queisser legt Wert auf ein kontrolliertes Wachstum.
Mit seiner ruhigen Art führte er das Unternehmen so, wie sich das auch die Gesellschafter vorstellen. Große mediale Auftritte sind nicht erwünscht. Zu Beginn der Corona-Pandemie lieferte die Destillerie der Tochter Nordbrand in Nordhausen (Thüringen) reinen Alkohol, der als Desinfektionsmittel an Apotheken geliefert wurde. Desinfektionsmittel waren damals knapp. „Das müssen wir nicht an die große Glocke hängen“, sagte Queisser damals bei einer Anfrage der MZ dazu
Digitalisierung vorangetrieben
Er nutzte die Pandemie, um die Digitalisierung voran zu bringen. Homeoffice spielt dabei die kleinste Rolle. Vielmehr baut Rotkäppchen den eigenen Online-Verkauf aus und forcierte das Marketing im Bereich Social Media. „Wir wollen nicht einmal von Amazon abhängig sein“, sagte Queisser bei der Vorstellung der Digitalstrategie der Firma beim Halleschen Wirtschaftsgespräch.
Auch die seit 2022 extrem gestiegenen Kosten für Energie, Glas, Papier und zuletzt Grundweinen haben das Unternehmen nicht aus der Bahn geworfen. Jahrelang versuchte Rotkäppchen-Mumm, die Preise im Handel zu erhöhen – relativ erfolglos. Nun hat das Unternehmen die Preise pro Flasche um einen Euro angehoben und kann so die Kosten auffangen.
Auch Gesellschafter Gunter Heise würdigt Queissers Verdienste: „Er hat Rotkäppchen-Mumm über ein Jahrzehnt lang auch in herausfordernden Zeiten sehr versiert geleitet und erfolgreich zu neuen Höhen geführt.“
Mit Blick auf den Lebensmittelpunkt seiner eigenen Familie hatte Queisser seinen Dienstsitz aber stets am Standort im hessischen Eltville – nicht in Freyburg. Viele wichtige Entscheidungen werden inzwischen in Eltville getroffen. Aufgewertet wurde der Firmensitz zuletzt durch die neue Erlebniswelt, die jährlich mehr als 100.000 Gäste anziehen soll. Die künftige Geschäftsführerin Wiesner bringt viel internationale Erfahrung mit. Ihre Aufgabe wird es wohl sein, die angestrebte europäische Expansion voran zu bringen.