Strukturwandel im Osten Wasserstoff-Firma HH2E insolvent: Was wird aus grünem Flugtreibstoff aus Leuna?
Die Firma HH2E will in Ostdeutschland zahlreiche Elektrolyseure bauen, um etwa grünen Flugtreibstoff für den Airport Leipzig/Halle bereitzustellen. Jetzt geht dem Start-up aber das Geld aus.
Halle/MZ. - Das Hamburger Wasserstoff-Start-up HH2E steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Das Unternehmen hat in den vergangenen zwei Jahren mehrere große Wasserstoff-Projekte in Ostdeutschland angekündigt. Darunter ist auch der Bau von Wasserstoff-Elektrolyseuren zur Erstellung von grünem Flugtreibstoff in Leuna (Saalekreis). Die Projekte stehen nun vor einer ungewissen Zukunft.
Insolvenz: Wasserstoff-Firma HH2E aus Hamburg hat finanzielle Probleme
Am vergangenen Freitag teilte das Unternehmen mit, eine Insolvenz in Eigenverwaltung anzumelden. Bei dieser speziellen Form führt die Firmenleitung die Geschäfte fort, um das Unternehmen zu sanieren. Ein vom Gericht ernannter Sachwalter überwacht den Prozess.
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Als Grund für die Schieflage wird genannt, dass der Finanzinvestor und HH2E-Mehrheitseigner Foresight Group nicht wie geplant ein Wasserstoff-Projekt in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) finanziert.
Wasserstoff-Start-up HH2E: Das ist der Grund für die Insolvenz
An der Ostseeküste sollte bis Mitte 2025 ein 100-Megawatt-Elektrolyseur installiert werden. Bei der Elektrolyse wird mittels Wind- oder Solarstrom Wasser in die Elemente Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff kann dann beispielsweise in der Chemie als Rohstoff eingesetzt werden.
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HH2E will Zeiten mit hoher Ökostromeinspeisung nutzen, um kostengünstig Wasserstoff zu produzieren. Rechtlich ist das aktuell noch kompliziert, weil jeder Wasserstoffproduzent selbst Erneurerbare-Energien-Kapazitäten vorhalten muss.
Grüner Treibstoff für Flugzeuge: Wie geht es mit dem Flughafen-Projekt weiter?
„Wir bleiben dem Ziel verpflichtet, Kontinuität und Stabilität in unseren Abläufen aufrechtzuerhalten, während wir an einer langfristigen Lösung arbeiten“, sagte HH2E-Firmenchef Alexander Voigt. „Ich bin überzeugt, dass wir bald einen strategischen Partner finden werden, der unsere Leidenschaft für grüne Energie teilt und die Vision der HH2E AG unterstützen kann.“ Wie es bei Lubmin und den anderen Projekten weitergeht, hängt wohl entscheidend davon ab, ob ein neuer Geldgeber gefunden wird.
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HH2E ist ein wichtiger Partner beim Flughafen-Projekt „Net-Zero-LEJ“. Der Flughafen Leipzig/Halle plant zusammen mit dem Logistiker DHL die Produktion von grünem Flugtreibstoff (SAF) in Leuna. Das Start-up sollte dafür den Wasserstoff bereitstellen.
Flughafen Leipzig/Halle bedauert Insolvenz der Wasserstoff-Firma aus Hamburg
Flughafen-Chef Götz Ahmelmann teilte auf MZ-Anfrage mit: „Als Unternehmen sind wir überzeugt von der umwelt- und wirtschaftspolitischen Bedeutung einer industriellen Produktion von Sustainable Aviation Fuel (SAF). Dass einer unserer Projektpartner bei Net-Zero-LEJ Medienberichten zufolge in Schwierigkeiten geraten ist, bedauern wir deswegen sehr.“
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Nach Ahmelmanns Einschätzung bleiben die Voraussetzungen für die Herstellung nachhaltiger Flugkraftstoffe im industriellen Maßstab rund um den Flughafen Leipzig/Halle aber „weiterhin hervorragend“. „Mit starken Partnern und ausgedehnten Flächen, unterstützt durch einen wichtigen Kunden wie DHL, der sich dem klimaneutralen Fliegen verpflichtet hat, sind wir bestens aufgestellt“, so Ahmelmann. Ob der Flughafen bereits mit anderen Unternehmen im Kontakt steht, ist offen.
Grüner Wasserstoff: Produktion sehr teuer
In Ostdeutschland wollen etwa der Leipziger Gaskonzern VNG und der Energieversorger Envia-M eigene Elektrolyseure installieren. Für diese wäre das Flughafen-Projekt sicher interessant. Das Problem sind aktuell die Kosten.
Die Produktion von einem Kilogramm grünen Wasserstoff kostet nach Einschätzung von VNG acht bis zehn Euro je Kilogramm – ohne staatliche Förderung. Wasserstoff aus Erdgas kostet derzeit etwa drei Euro. Das heißt, ohne staatliche Subventionen gibt es wenig Abnehmer für grünen Wasserstoff.
Wasserstoff-Projekt in Sachsen auch von Insolvenz der Hamburger Firma betroffen
Vor einer ungewissen Zukunft steht auch das HH2E-Projekt Thierbach im sächsischen Borna – südlich von Leipzig. Auch dort sollte ein Elektrolyseur mit einer Einspeisekapazität von 100 Megawatt bis 2025 entstehen. Die Anlage soll auf dem abgerissenen Braunkohlekraftwerk Thierbach gebaut werden und 150 Jobs schaffen.
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Die Insolvenz bedeute nicht, dass für das HH2E-Projekt in Thierbach jetzt das Totenglöckchen geläutet werden muss, sagte Hanno Balzer, der Geschäftsführer der HH2E-Thierbach-GmbH, der „Leipziger Volkszeitung“. Die Gesellschafterstruktur sei eine andere als in Lubmin. Gleichwohl sei die HH2E-Thierbach-GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Muttergesellschaft, von der Insolvenz nicht unberührt.