Tiermedizin Tiermedizin: Verbotenes Schmerzmittel nachgewiesen
KÖLN/MZ - Viele haben es kommen sehen. Denn dass die Geschichte mit dem „Phenylbutazon“ nicht gut gehen konnte, war eigentlich programmiert. Ende voriger Woche veröffentlichte die britische Lebensmittelbehörde FSA die ersten Ergebnisse von Tests an Schlachtpferden, die zum menschlichen Verzehr vorgesehen waren. In acht von 206 Proben, die zwischen dem 30. Januar und 7. Februar untersucht wurden, fanden sich Rückstände des Schmerzmittels. Sechs Kadaver waren bereits nach Frankreich exportiert worden und könnten in die Nahrungskette gelangt sein; die beiden anderen befanden sich noch im Schlachthof in Nantwich, wo sie inzwischen ordnungsgemäß „entsorgt“ wurden.
Dame Sally Davies, Großbritanniens oberster Mediziner und Regierungsberater, versuchte, zu beschwichtigen. Selbst wenn sich Spuren des Wirkstoffs im Fleisch befänden, sei „das Risiko wirklich sehr gering, dass es irgendeinen gesundheitlichen Schaden anrichten“ könne. Doch was genau hat es mit dem Medikament auf sich?
Phenylbutazon (PBZ) kam 1949 auf den Markt - ein hoch wirksames Schmerzmittel, das bald wegen seiner schweren, potenziell tödlichen Nebenwirkungen auffiel, so dass man es in der Humanmedizin heute nur noch unter besonderen Umständen verwendet. Anders in der Veterinärmedizin. Speziell Sportpferde, die hohen Belastungen ausgesetzt werden, bekommen oft PBZ, das auch als Dopingmittel Schlagzeilen machte.
Ein generelles Verbot konnte bislang nicht durchgesetzt werden. Einig ist man sich aber, dass der Wirkstoff unter keinen Umständen in die menschliche Nahrungskette gelangen darf, auch weil manche Menschen darauf hyperempfindlich reagieren. Das größte Schreckgespenst heißt „aplastische Anämie“, eine seltene Sonderform der Blutarmut infolge eines Knochenmarkversagens. „Sollte ein Kind ein Fleischprodukt verzehren, das auch nur die geringsten Mengen von Phenylbutazon oder seiner Abbauprodukte enthält, könnte es eine aplastische Anämie entwickeln“, warnten irische Veterinäre im Dezember 2010 in einem weithin beachteten Grundsatzpapier.
Nicht zuletzt auf Druck der Tierärzte ist man bislang zweigleisig gefahren, um zu verhindern, dass Menschen unfreiwillig mit PBZ in Berührung kommen. Seit 1999 gilt in der EU die Unterscheidung von Sportpferden und zum Verzehr geeignetem Pferdefleisch. Dazu muss für jedes Pferd ein Identitätsnachweis geführt werden, in dem auch alle verabreichten Arzneimittel akribisch vermerkt werden sollten. Selbst nach nur einmaliger Gabe von PBZ sollten die Tiere unwiderruflich vom menschlichen Verzehr ausgeschlossen sein.
Dass diese Regelung nur auf dem Papier hundertprozentig funktionieren würde, ahnten viele. Eine britische Kommission stellte im Juli 2012 in einem Positionspapier zu „Rückständen von Phenylbutazon in Pferden“ fest, dass in den letzten fünf Jahren zwei bis fünf Prozent aller Proben positiv auf PBZ getestet worden seien.
Auch in Deutschland wurde schon verbotenes PBZ in Pferdefleisch entdeckt.