Sparkasse Stendal Sparkasse Stendal: Die Untreue-Vorwürfe gegen Dieter Burmeister

Stendal - Vor zwei Jahren war für Dieter Burmeister die Welt noch in Ordnung: Gemeinsam mit Politikern und Unternehmern lacht der damalige Vorstandschef der Kreissparkasse Stendal in die Kameras - Gruppenfoto bei der Verleihung des Wirtschaftspreises Altmark 2012 Anfang November. Vier Wochen später lässt Burmeister sich feiern. Es gibt Sekt, Blumen und die Ehrennadel des Kreisschützenbundes in Gold. Nach mehr als 20 Jahren an der Spitze der Sparkasse verabschiedet sich der Mittsechziger aus dem Vorstand. Die Sparkasse beschäftigt ihn fortan als Berater.
Schwere Vorwürfe gegen Burmeister
Mittlerweile ist Burmeister nicht nur Ex-Vorstand, sondern auch Ex-Berater. Die Sparkasse hat ihm fristlos gekündigt, nachdem ein Prüfbericht des Ostdeutschen Sparkassenverbandes schwere Vorwürfe ans Licht brachte. Demnach sollen Bauaufträge für eigene Immobilien unzureichend überwacht worden beziehungsweise zum Teil ohne Ausschreibung an ein einziges Unternehmen vergeben worden sein. Burmeister soll zudem in drei Jahren fünf verschiedene Dienstwagen angeschafft haben. Ein Jahr ist das jetzt her, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Ex-Vorstand mittlerweile wegen Untreue. Der Schaden für die Sparkasse soll bei mindestens einer Million Euro liegen.
Burmeister war 1991 aus Niedersachsen in die Altmark gekommen. In Lüchow-Dannenberg hatte er die finanziell angeschlagene Sparkasse wieder auf stabile Füße gestellt. Der richtige Mann für einen Neustart im Osten, so sahen es viele. Stimmen die Details, die seit einem Jahr bekannt werden, dann hatte Dieter Burmeister ein Faible für den großen Auftritt: Die staunende Öffentlichkeit erfuhr von Sicherheitsschleusen in der Sparkassen-Hauptstelle. Von einem 40 Autos umfassenden Fuhrpark - einschließlich Traktor, angeblich für den Winterdienst, einschließlich Oldtimer von 1930, angeblich zu Werbezwecken, einschließlich getuntem Mercedes. Von einer Dampf-Sauna im Bürotrakt. Von einem Weinkeller für gute Kunden, ausgestattet mit Terrakotta-Fliesen aus Mexiko, angeblich ausgesucht vom Vorstandschef persönlich.
Gegen die jüngsten Vorwürfen nimmt sich das aus wie amüsante Petitessen.
Welche neuen Vorwürfe jetzt gegen Burmeister im Raum stehen, lesen Sie auf Seite 2.
Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass Burmeister über Jahre Firmen von Bekannten Kredite verschafft haben soll, zum Teil gegen den ausdrücklichen Rat der Fachleute im eigenen Haus und obwohl nicht immer ausreichend Sicherheiten bestanden. Darlehen bekam so ein Stendaler Rohr- und Schachtanlagen-Unternehmen, dessen Generalbevollmächtigten Burmeister aus gemeinsamen Sparkassen-Zeiten in Niedersachsen kannte. Die Firma hat mittlerweile Insolvenz angemeldet. Der Schaden für die Kreissparkasse Stendal: 1,2 Millionen Euro. Kredite sollen auch an eine Dachdecker-Firma gegangen sein, die zeitweise nicht mehr als kreditwürdig galt. In diesem Fall soll der Sparkasse ein Schaden von einer halben Million Euro entstanden sein.
Der Chef des Dachdecker-Unternehmens ist nicht irgendwer - und kennt Burmeister gut: Lothar Riedinger hat als erster Landrat im Kreis Stendal nach der Wende nicht nur den Niedersachsen zur Sparkasse geholt. Der CDU-Politiker saß auch lange Jahre im Verwaltungsrat, dem Aufsichtsgremium des Kreditinstitutes, und im Kreditausschuss.
„Ich selber habe mir nichts vorzuwerfen“
Riedinger kann an den Geschäften auch heute noch nichts Verwerfliches finden. Er gehe davon aus, dass alles rechtens gelaufen sei, sagt der Christdemokrat, der heute Vorsitzender des Stendaler Kreistages ist. Er sei sicher, dass die Kreditvergaben „alle durch die Gremien gegangen sind“. Und: „Ich selber habe mir nichts vorzuwerfen.“ Sei es um Kredite für sein Unternehmen gegangen, habe er an den Sitzungen stets nicht teilgenommen.
Die Untreue-Ermittlungen gegen Burmeister dauern an. „Wenn wir einen Sachverhalt prüfen, dann tun wir das umfassend“, sagt der Magdeburger Oberstaatsanwalt Frank Baumgarten. Ende: nicht absehbar. Gebremst werden die Ermittler auch, weil vor wenigen Wochen versehentlich ein knappes Dutzend Umzugskartons voller Akten zu dem Fall geschreddert worden waren. Die Prüfung, ob Ersatz beschafft werden könne, etwa in Form anderweitig vorhandener Kopien, ist noch nicht beendet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Staatsanwaltschaften im Land mittlerweile angewiesen, zur Vernichtung freigegebene Asservate deutlicher als solche zu kennzeichnen und bei der Entsorgung das Vier-Augen-Prinzip einzuführen.
Und Dieter Burmeister? Der Ex-Vorstand und Ex-Berater schweigt. Sein Anwalt erklärt unter Hinweis auf das „laufende Verfahren“, man werde sich derzeit nicht äußern. Die Lage ist unübersichtlich. Denn Burmeister ist nicht nur Beschuldigter. Er ist auch Kläger und Beklagter zugleich. Die Sparkasse hat er wegen seiner fristlosen Kündigung und des Aussetzens seiner Pensionszahlungen verklagt. Das Kreditinstitut wiederum fordert von seinem einstigen Chef Schadenersatz in Höhe von rund einer halben Million Euro. Beide Verfahren vor dem Landgericht Stendal sind nach Angaben einer Gerichtssprecherin mitten in der Beweisaufnahme - und werden sich voraussichtlich bis ins kommende Jahr hinziehen.
Kreditvergaben werden rückwirkend geprüft
Die Sparkasse bemüht sich derweil weiter, Licht ins Dunkel der Vorgänge um Burmeister zu bringen. Der Verwaltungsrat beschloss am Dienstag nach stundenlanger Sitzung hinter verschlossenen Türen, rückwirkend ab 2004 alle Kreditvergaben an seine Mitglieder und an Mitglieder des Vorstandes überprüfen zu lassen - in der Hoffnung, auf mögliche weitere Ungereimtheiten zu stoßen. Zudem solle der Fuhrpark auf 14 Autos reduziert werden, kündigte der Stendaler Landrat und Vorsitzende des Gremiums, Carsten Wulfänger (CDU), an. Derzeit seien noch 27 Fahrzeuge im Bestand. (mz)