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Schokoladenmuseum in Halle Schokoladenmuseum in Halle: Von der Plantage zur Praline

Von Steffen Reichert 26.08.2007, 17:33

Halle/MZ. - Es muss eine Legende gewesen sein. Großartig die Torten, köstlich das Konfekt. Das Café "David", das 1870 in Halles Innenstadt eröffnete, bot stets "eine gute Tasse Caffee und Cocolade", echtes Nürnberger Bier und außerdem beliebte Bouillon mit Pasteten. Er bitte also, so annoncierte seinerzeit der Berliner Betreiber Louis Petzold, "um Zuwendung eines flotten Besuchs". Und selbstverständlich gebe es auf Wunsch auch separierte Zimmer. Mehr als 100 Jahre später soll das legendäre Café nun in altem Glanz neu erstehen - und zwar in Deutschlands ältester Firma ihrer Art, der Halloren Schokoladenfabrik in Halle.

Ortstermin bei den "Halloren". Regalteile liegen auf dem Fußboden, Kunststoffleisten sind gestapelt. An der Wand stehen Farbeimer, aufwendig und liebevoll werden vorskizzierte Personen nachgezeichnet. Nadine Schindler bahnt sich einen Weg über die Baustelle. Noch ist schwer zu glauben, dass hier schon in wenigen Tagen das Café als Teil des neuen Schokoladenmuseums eingeweiht werden soll. "Wir werden pünktlich eröffnen", verspricht die Vorstandsassistentin. Denn am 12. September ist in Halle großer Bahnhof. Da wird - mit viel Prominenz - das neue Schokoladenmuseum der Halloren präsentiert.

Auf 750 Quadratmeter und damit fünfmal mehr als vorher wird künftig die Geschichte der süßen Versuchung erzählt: die der Schokolade. Das Museum liegt quasi im Rumpf eines Segelbootes, denn der Kakao, aus dem die Schokolade ist, kam und kommt aus Übersee. Erstmals 1500 vor Christus erwähnt, waren es zunächst die Olmeken, dann die Maya und schließlich die Azteken, die die Pflanze Stück für Stück kultivierten. "Wir nehmen unsere Gäste mit auf eine Zeitreise", so Nadine Schindler. Sie reicht von den Anfängen, über den Besuch auf einer Kakao-Plantage bis in die Gegenwart. Und natürlich macht sie zwischenzeitlich Halt im Jahre 1804.

Damals gründete F.A. Miethe eine der ersten deutschen Schokoladenfabriken. 1893 erwarb man das Grundstück in der "Aeußeren Delitzscher Straße", drei Jahre später wurde die Produktion im neuen Fabrikgebäude aufgenommen.

Schon bald bürgte "David und Söhne" mit seinem Namen für die Herstellung erstklassiger Pralinés. Das wohl berühmteste hieß damals "Mignon" und war bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges weit über Halles Grenzen ein Begriff.

Von feinster Konditorkunst erzählt in dem neuen Halloren-Museum vor allem das Schokoladenzimmer. Allein für den Stuck an der Decke

sind 250 Kilogramm Schokolade verwendet worden. Kuvertüre, Marzipan und Zartbitter-Schokolade flossen in Wandbemalung, Notenständer und Deckenkassetten.

So gibt es in dem Museum künftig auch eine begehbare Pralinenschachtel, in der die wichtigsten Produkte aus vielen Jahrzehnten wechselvoller Firmen-Geschichte zu finden sind. "Unsere Halloren-Kugeln dürfen da natürlich nicht fehlen", sagt Schindler. Die bekannteste ostdeutsche Praline ist 1952 entwickelt worden und hat trotz mancher Produktionsengpässe die DDR-Zeit nicht nur gut überstanden: Sie ist beliebter denn je. Heute gibt es sie in neun Geschmacksrichtungen. Und zur Zeit wird im Unternehmen eine neue getestet: Orange mit Mohn.

Längst hat sich das Unternehmen, in dem 330 Mitarbeiter beschäftigt sind, seinen Platz in den Supermarktregalen erobert. Im Osten sowieso, und der Anteil des Verkaufs in den alten Bundesländern liegt inzwischen bei 25 Prozent. Sechs eigene Läden, allesamt in und um Halle, gibt es inzwischen. "Unser Schwerpunkt bildet aber weiterhin die Produktion, nicht die Filiale", betont Nadine Schindler. Dass dennoch Halloren-Shops hinzukommen, in Leipzig oder Dresden vielleicht, will sie nicht ausschließen.

Einen Trend hat die Expertin bereits im Blick. "Es gibt eine verstärkte Nachfrage nach hochwertigen Produkten." Deshalb wird mit dem Start im Schokoladenmuseum für Besucher auch ein Blick hinter die Kulissen möglich sein. Ein gläserner Gang ermöglicht es den Besuchern, die Trüffel-Produktion direkt mitzuverfolgen.