Rathaus Nienburg Rathaus Nienburg: Bürgermeisterin schnappt sich den besten Mann

Nienburg - 2015 ist Frank Schinke bester Auszubildender im Beruf Verwaltungsfachangestellter gewesen. Im ganzen Land Sachsen-Anhalt, versteht sich. 2012 hatte er die Ausbildung aufgenommen. Zuvor war das Ziel ein anderes gewesen. Doch im Studium zeigten sich neue Wege und Möglichkeiten auf.
So bewarb sich Schinke bei der Stadt Bernburg und wurde genommen. „Ich bin für die Chance sehr dankbar. Es war eine sehr gute Ausbildung, die ich dort genossen habe. Aber die Perspektive für die Zukunft war nicht so gegeben, wie ich es erhofft habe“, sagt Schinke.
Die Perspektive bot sich hingegen in Nienburg. Bürgermeisterin Susan Falke (parteilos) war durch eine frühere Bewerbung auf den jungen Mann aufmerksam geworden. „Für diese Bewerbung war es aber zu früh. Ich habe ihn gebeten, die Unterlagen behalten zu dürfen. Er hat ein gutes Wissen und kennt die Zusammenhänge bei den Abläufen der Verwaltung. Außerdem war es wieder mal an der Zeit, dass wir einen männlichen Mitarbeiter im Rathaus haben“, so die Bürgermeisterin.
Schinke ist der einzige (fachlich ausgebildete) Mann in der Kernverwaltung. Seit dem 1. April ist er nun in dem Rathaus der kleinen Stadt beschäftigt, in dem es sonst nur Frauen gibt.
Dass Schinke aber der Beste seines Jahrganges ist, das wusste Susan Falke noch nicht. Da war alles schon festgemacht. Die Zeugnisse habe es nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages gegeben. „Überrascht hat mich das Ergebnis aber nicht. In dem jungen Mann steckt viel Potenzial. Ich bin zufrieden, dass er bei uns unterschrieben hat. In den nächsten Jahren werden in den Verwaltungen viele Mitarbeiter altersbedingt ausscheiden. Gute Leute muss man sich also rechtzeitig sichern.“
Dass Schinke das Vertrauen rechtfertigt, hat sein Auftreten bei einer Anwohnerversammlung in Gerbitz gezeigt. Die Emotionen kochten hoch, denn die Ortsdurchfahrt wird zwar neu gemacht, aber eigentlich wollten die Gerbitzer eine Ortsumfahrung (die MZ berichtete). So wurde der 21. Juli 2016 so etwas wie die Feuertaufe. Frank Schinke, 32 Jahre, war ausgesandt worden, um bei der Einwohnerversammlung zum Straßenausbau Rede und Antwort zu stehen, wenn es um Belange der Stadt ging.
Als einziger Mann in der Kernverwaltung ist er im Bauamt unter anderem für die Gebührenerhebung zuständig. Und da es in Gerbitz um den Ausbau der Nienburger Allee durch den Ort geht, war Schinke da. Denn die Stadt ist zwar nicht für Straße und Gehwege an den Kosten beteiligt, wohl aber, wenn es um die Straßenbeleuchtung geht. Hier, so Schinke, fallen 40 Prozent der Kosten für die Anwohner an, da es eine Durchgangsstraße ist. Die Straße baut Solvay als Ersatz für eine Straße, die durch einen Bruch des Kalkteiches verschüttet wurde. Mehrere Varianten waren aufgezeigt worden, doch am Ende entschied sich Solvay für den Ausbau der L150 und der anschließenden Nienburger Allee durch den Ort. Das sorgte für Unmut.
Schinke blieb ruhig, antwortete sicher. Dennoch: „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass es größere Diskussionen wegen des Straßenausbaus geben wird. Sonst hätten wir da nicht unseren jungen Mitarbeiter als Verantwortlichen hingeschickt“, sagt Susan Falke. Andererseits habe er gezeigt, dass er seinen Job versteht. „In Bernburg war ein gutes Arbeitsklima. Hier ist es das auch. Das Arbeitsklima ist mir sehr wichtig“, gibt Schinke der Stadt Hoffnung, dass er lange in Nienburg bleibt.
(mz)