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Notaufnahme geschlossen Notaufnahme am Ameos-Klinikum Staßfurt geschlossen: Notfälle werden nicht mehr vor Ort behandelt

Von Kerstin Beier 19.07.2019, 09:56
Notfallpatienten aus Staßfurt werden ins nächstgelegene geeignete Krankenhaus gebracht.
Notfallpatienten aus Staßfurt werden ins nächstgelegene geeignete Krankenhaus gebracht. Archiv/Gehrmann

Aschersleben - Ameos hat die Notfallaufnahme am Staßfurter Krankenhaus geschlossen. Seit dem 1. Juli fahren die Rettungsdienste das Haus nicht mehr an. Hat das Auswirkungen auf die Notaufnahme in Aschersleben, die nun noch mehr Patienten versorgen muss als ohnehin schon?

Krankenhausdirektor Matthias Strauß verneint. Die Notfallversorgung in Staßfurt sei in den vergangenen Monaten ohnehin schon schrittweise eingeschränkt worden.

Und dies sei aus gutem Grund geschehen: Seit dem 1. Januar gilt ein sogenanntes gestuftes System der stationären Notfallversorgung - im Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern beschlossen.

Stationen der Inneren Medizin und eine Chirurgische Klinik sind Mindestanforderung für Notfall-Versorgung

Demnach dürfen nur Häuser Notfallaufnahmen betreiben, die mehrere Voraussetzungen erfüllen. Die Mindestanforderung für eine Notfall-Basisversorgung ist eine Innere und eine Chirurgische Klinik am Haus.

Eine Betreuung durch einen Facharzt dieser Fachgebiete muss innerhalb von 30 Minuten gewährleistet sein. Diese Voraussetzungen sind in Staßfurt nicht erfüllt. „Und das nicht aus bösem Willen.

Es ist ein reines Personalproblem“, betont Strauß. „Die Situation in Staßfurt rechtfertigt weder personell noch fachlich eine Notfallaufnahme“, sagt Monika Mingramm, Ärztliche Direktorin in Aschersleben.

Das Krankenhaus in Staßfurt wird gegenwärtig als geriatrisches, also altersmedizinisches, Zentrum mit 80 Betten und mit einer stationären Schmerztherapie betrieben. „Für eine klassische Notfallversorgung sind weder das Personal noch die Betten da“, so Mingramm.

Krankenhaus in Staßfurt wird als altersmedizinisches Zentrum mit 80 Betten nebst stationärer Schmerztherapie betrieben

Der Rettungsdienst sei rechtzeitig informiert worden und fahre stets das nächstgelegene und geeignete Krankenhaus an. Patienten mit einem Herzinfarkt zum Beispiel würden auf schnellstem Wege nach Aschersleben gebracht, für Patienten mit Schlaganfall sei das Ameos-Klinikum in Bernburg das geeignete Krankenhaus. Die Schließung in Staßfurt bedeute nicht, so Strauß, dass dort eintreffende Patienten im Notfall nicht erstversorgt würden.

In Staßfurt trifft die Entscheidung auf Kritik. Diese entzündete sich zunächst daran, dass die Schließung zuvor offenbar nicht ausreichend kommuniziert wurde, wie einem Beitrag in der „Volksstimme“ zu entnehmen ist.

Linke-Bundestagsabgeordneter Jan Korte wird grundsätzlicher und bezeichnet den Schritt in einer Mitteilung als „weiteren Schlag gegen die wohnortnahe medizinische Versorgung“ in seinem Wahlkreis.

Bundestagsabgeordneter Jan Korte kritisiert die Schließung und sieht Widersprich zum Grundgesetz

Er sieht bereits vollzogene Schließungen von ganzen Abteilungen bei Ameos und Helios und „die noch radikaleren Kürzungsvorschläge der Bertelsmann-Stiftung“ im Widerspruch zum im Grundgesetz verankerten Auftrag, in ganz Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.

Die Stiftung empfiehlt, die Zahl der Krankenhäuser in Deutschland zugunsten der Ausstattung zu reduzieren. Die Linke bekräftigt nun ihre Forderung nach einer „öffentlich organisierten und bedarfsgerechten Krankenhausfinanzierung“.

Auch Landrat Markus Bauer (SPD) drängt auf verbindliche Aussagen des Klinikbetreibers, wie es um die Daseinsvorsorge und die ärztliche Krankenhausversorgung in Staßfurt steht, und hat sich umgehend mit einem Brief und in Telefonaten an den Ameos-Regionalgeschäftsführer gewandt.

Markus Bauer schrieb Brief an den Ameos-Regionalgeschäftsführer 

Er fordert die Offenlegung aller Argumente für die neue Entwicklung. Der Klinikbetreiber stehe gegenüber dem Landkreis genauso in der Pflicht wie der Landkreis mit der Organisation des Rettungsdienstes gegenüber allen Einwohnern.

Die Notfallaufnahme in Aschersleben behandelt pro Jahr rund 32 000 Patienten, etwa die Hälfte davon sind ambulante Versorgungen. Geleitet wird die nach den gesetzlichen Vorgaben umstrukturierte Einheit von einem Chefarzt mit einer speziellen Ausbildung als Notfallmediziner. Dass beileibe nicht alle Patienten echte Notfälle sind, ist ein Problem, wie es nicht nur Aschersleben kennt.

Strauß verteidigt die Schließung in Staßfurt als alternativlos, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Er sagt: „Und wir werden nie so viele Fachkräfte finden, dass alles überall angeboten werden kann.“ (mz)