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Nach Tod des Hausarztes Nach Tod des Hausarztes: Mediziner-Notstand in Schadeleben in der Stadt Seeland

Von Marko Jeschor 29.06.2018, 07:56
Nur ein kleiner Hinweis an der Tür zeugt vom großen Unglück.
Nur ein kleiner Hinweis an der Tür zeugt vom großen Unglück. Frank Gehrmann

Schadeleben - In der Hausarzt-Praxis von Frank Volta in Schadeleben meldet sich seit Dienstagmorgen nur noch der Anrufbeantworter. „Die Praxis ist bis auf weiteres aus gesundheitlichen Gründen geschlossen.“

Volta, der erst Anfang des Jahres die Praxis übernahm, verstarb Anfang der Woche völlig überraschend.

Sein Tod bestürzt nicht nur das gesamte Seeland, er reißt vor allem eine riesige Lücke bei der ärztlichen Grundversorgung.

Wie dramatisch die Situation ist, wird ein Anruf später deutlich. Diesmal in der Praxis von Hausärztin Sigrid Arnold in Gatersleben.

Sie wird auf dem Anrufbeantworter als Vertretungsärztin genannt. „Bei uns brennt es. Das ist hier die Hölle“, sagt sie und legt den Hörer wieder auf.

Seit Dienstag rennen ihr die Patienten von Volta im wahrsten Sinne des Wortes die Praxis ein. „Wir versuchen unser Menschenmögliches, aber es geht nicht mehr“, hatte sie auch noch gesagt.

Akuter Notstand in Schadeleben: Im Rathaus herrscht Alarmzustand

Im Rathaus in Nachterstedt ist man ebenfalls alarmiert. Bürgermeisterin Heidrun Meyer (parteilos) sagt: „Das verschärft die Situation in der Stadt.“

Grund: Sie versucht seit einiger Zeit eine Nachfolgerin für Arnold zu finden, die Ende des Jahres in den Ruhestand gehen will.

Und jetzt das. „Wir sind alle sehr bestürzt über den plötzlichen Tod“, sagt sie.

Volta behandelte Patienten nicht nur aus dem Seeland, sondern auch umliegenden Orten wie Cochstedt. Auch dort müssen sich vor allem die älteren Patienten einen neuen Arzt suchen.

Akuter Notstand in Schadeleben: Erwartungshaltung an die Kassenärztliche Vereinigung

Tief betroffen zeigte sich auch Ortsbürgermeister Alfred Malecki (Wählergemeinschaft Schadeleben), bei dem sich bereits Dienstagmorgen besorgte Bürger meldeten und wissen wollten, wie es jetzt weitergeht.

Darauf hat der Ortsbürgermeister auch Tage danach noch keine Antwort, wohl aber eine klare Erwartungshaltung an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt, die für die ärztliche Grundversorgung im Land zuständig ist.

„Ich hoffe, dass die Patienten aufgefangen werden. Es kann nicht sein, dass Patienten weggeschickt werden.“

Akuter Notstand in Schadeleben: Neue Patienten werden nicht mehr aufgenommen

Das lässt sich wohl aber kaum vermeiden.

Bürger berichten der MZ, dass andere Ärzte wie Tobias Krößner in Hoym oder Thomas Haberecht in Nachterstedt längst keine neuen Patienten mehr aufnehmen können, weil sie schon jetzt keine Kapazitäten haben.

Beide waren am Donnerstag telefonisch nicht erreichbar.

Wäre es wirklich so, erwartet Bürgermeisterin Meyer, dass die KV mit den zuständigen Ärzten in der Region spricht. „Die Patienten müssen versorgt werden.“

Zugleich appellierte sie jedoch an die Bevölkerung: „Jeder muss für sich entscheiden, ob er gerade wirklich zum Hausarzt muss oder noch ein, zwei Tage warten kann.“

Akuter Notstand in Schadeleben: Übergangslösung finden

„Wir sind auch von den bedauernswerten Geschehnissen informiert worden. Derzeit sind wir im Gespräch mit umliegenden Vertragsärzten, um erst einmal Übergangslösungen zu finden“, sagt Bernd Franke von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalts auf MZ-Nachfrage.

Er weiß von der Arztpraxis in Gatersleben, die Patienten versorgt.

„Wir sind auch mit Ärzten aus Aschersleben im Gespräch, wobei auch über eine Sprechstunde in Schadeleben nachgedacht wird. Hier können wir aber noch keine fertigen Ergebnisse mitteilen“, so Franke weiter.

Ob das Ameos-Klinikum mehr zu tun hat, blieb am Donnerstag unklar. Eine entsprechende MZ-Anfrage blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.

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Volta wurde 72 Jahre alt. Der Allgemeinmediziner übernahm erst Anfang des Jahres die Praxis von Ralf Schmidtke. Volta hatte bereits von 1972 bis 1988 in Schadeleben praktiziert. Später arbeitete er in Sangerhausen, bevor es ihn ins Emsland verschlug. Dass Volta so geschätzt wurde, lag laut Ortsbürgermeister Malecki nicht nur daran, dass er eine Lücke bei der Versorgung füllte. „Er kannte die Menschen und die Akten.“ (mz)