Nach den Medimeisterschaften Nach den Medimeisterschaften : Warten auf 90.000 Euro Vergnügungssteuer

Cochstedt - Vor einem Jahr feierten auf dem Cochstedter Flugplatz 20.000 Medizinstudenten eine dreitägige Riesenparty. Auf zehn Bühnen spielten Bands. 38 Fußballmannschaften kickten auf zehn Plätzen. Übernachtet wurde in Zelten auf dem Platz. Die diesjährigen sogenannten Medimeisterschaften gab es zu Pfingsten erneut. Allerdings nicht in Cochstedt.
Die angehenden Ärzte feierten vier Tage lang dort, wo sie früher auch schon gefeiert hatten: auf dem Flugplatz Obermehler in Thüringen.
Nach den Medimeisterschaften: Standort war schon fest eingeplant
Eigentlich wollten die Veranstalter langfristig in Cochstedt bleiben. Der Standort habe überzeugt, hatten sie vor einem Jahr mitgeteilt. Dass sie nicht wiederkamen, liegt wohl auch an dem Vergnügungssteuerbescheid, den die Stadt Hecklingen nach den Medimeisterschaften an die Veranstalter schickte. 90 000 Euro sollte das Event in die klamme Stadtkasse spülen. Das Geld war fest eingeplant, doch die Veranstalter zahlten nicht. Die Sache ging vor Gericht.
„Wir haben das Geld noch immer nicht bekommen“, teilte Hecklingens Bürgermeister Uwe Epperlein nun gegenüber der MZ jetzt mit. Das Vergleichsangebot in Höhe von 20 000 Euro war von Epperlein und der Stadtverwaltung sowie Teilen des Stadtrates abgelehnt worden . Zur Aussage der Veranstalter, dann auch noch ein Projekt aus Cochstedt unterstützen zu wollen, gab es aus Hecklingen ebenfalls Ablehnung.
„Da dürfen wir uns nicht drauf einlassen. Da bin ich ganz nah an der Bestechung“, so Epperlein.
„Für mich ist das Erpressung,“ sagte Bürgermeister Uwe Epperlein
Natürlich sei es schade, wenn solch eine Veranstaltung für den Ort „den Bach runtergeht“. Epperlein formuliert ein Beispiel: „Ich gehe doch auch nicht in den Konsum, packe meinen Wagen voll, dann ruft der Kassierer 150 Euro und dann lege ich 30 hin und sage entweder das oder gar nichts.“
Er verschweigt aber auch nicht, dass es Stimmen gab, die meinten, die 20.000 wären doch besser als gar nichts. „Für mich ist das Erpressung.“
Die Hecklinger Stadtverwaltung habe den Veranstaltern vorher gesagt, dass es die Vergnügungssteuersatzung gibt. Pro Quadratmeter Nutzungsfläche und Tag ist bei „Tanzveranstaltungen“ ein Euro fällig. Für die Medimeisterschaft waren sogar 40 Hektar genutzt worden.
Die 10.000 Quadratmeter für die Parkfläche wurden nicht berechnet. „Wir wollten nicht päpstlicher sein als der Papst“, meint Epperlein.
Bei den berechneten 30.000 Quadratmetern ist die Fläche für die Zelte enthalten, bestätigt der Stadtchef. Diese war für die Veranstaltung nötig. „Es kann nicht sein, dass jemand herkommt, eine Mordsparty abzieht, weiß, dass wir eine Vergnügungssteuersatzung haben, und dann nicht zahlt.“
Nach den Medimeisterschaften: Gericht hat Bescheid als nicht vollstreckbar erklärt
Vor dem Magdeburger Verwaltungsgericht hatten die Veranstalter eine Flächenaufstellung vorgelegt, die nach Epperleins Meinung „alles andere als schlüssig war“. Der Steuersatz laut Satzung könnte ja nicht geändert werden, höchstens wäre bei der zu veranlagenden Fläche ein Kompromiss möglich, gab sich Epperlein nicht völlig ablehnend. Nur wo ansetzen?
Das Gericht hat den Bescheid der Stadt zunächst einmal als nicht vollstreckbar erklärt. Das heißt, Hecklingen muss weiter auf die Zahlung warten.
Die Stadt habe dem Gericht über die beauftragte Anwaltskanzlei ihre Meinung nochmals geschildert, sagt Epperlein. Er zeigt sich optimistisch. Nach seiner Kenntnis hätten die Karten für Cochstedt 75 Euro pro Teilnehmer gekostet.
Wenn die Veranstalter 4,50 Euro für alle 20.000 Teilnehmer auf den Kartenpreis umgelegt hätten - laut Satzung hätten sie das ausrechnen können - wären die Tickets auch nicht wesentlich teurer geworden, denkt er.
Keine Vergnügungssteuer in Thüringen
Für den Flugplatz Obermehler gibt es keine Vergnügungssteuersatzung, informiert Nicole Gehret, die Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft Schlotheim. „Die Gemeinde hat mit der Pächterin einen langfristigen Pachtvertrag für die Nutzung des öffentlichen Verkehrslandplatzes unter anderem mit einer Verpflichtung zur Sanierung und Werterhaltung des Flugplatzes abgeschlossen“, sagt sie.
Einige Teilnehmer, die Epperlein kennt, haben ihm gesagt, dass es in Cochstedt von der Logistik her besser war als in Thüringen. Nur ob die Riesenparty in Cochstedt 2019 hätte durchgeführt werden können, wäre ohnehin fraglich.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln ist neuer Eigentümer.
Stadt Hecklingen will alte Satzung ändern
Die Stadt Hecklingen hat aus dem Streit gelernt: „Wir werden die Vergnügungssteuersatzung anpassen, so dass die Fälligkeit der Steuer vor der Veranstaltung liegt.“
Epperlein könnte sich vorstellen, dass die Steuer im Vorfeld auf ein Verwahrkonto der Stadt oder ein Notaranderkonto eingezahlt wird und nach der Veranstaltung noch einmal eine konkrete Abrechnung erfolgt. „Dieses Spiel, das machen wir nicht mehr mit.“
Epperlein hofft, dass es bald eine Entscheidung gibt. Auf Zeit spielen wäre nicht im Sinne der Stadt. Cochstedts Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart unterstützt Epperlein. „Wir sind hier nicht auf dem Basar, wo gehandelt wird.“ (mz)