Handball-Oberliga Handball-Oberliga: "Erst das Geld dann der Sport"

Aschersleben/MZ - Zwei Minuten nach 16 Uhr kommt Dimitri Filippov ins Ballhaus. Es ist ein Mittwoch, Gesprächstermin mit der Mitteldeutschen Zeitung.
Am 14. Juli beginnt der HC Aschersleben die Vorbereitung auf die neue Saison. Bis dahin muss der Verein noch einige Lücken im Kader füllen. Aktueller Kader: Mantas Gudonis (TW), Dino Spiranec (TW), Carsten Kommoß (RA), Pit Seifert (LA), Martin Wartmann (RM), Alexander Weber (RL, RM, RR), Mindaugas Veta (RR) Abgänge: Maciej Gebala (SCM), Benny Böcker (Rücktritt), Frank Seifert (unbekannt), Gorden Müller (unbekannt), Andreas Böhm (unbekannt), Victor Donoso (unbekannt), Martin Pratersch (unbekannt), Jürgen Steinscherer (unbekannt).
Gut einen Monat ist es her, dass der HC Aschersleben aus der 3. Liga abgestiegen ist. Es wird im Gespräch viel um diesen Abstieg, seine Gründe und die Bedeutung für die kommende Saison gehen. Der Trainer Dimitri Filippov spricht leidenschaftlich, weil der Mensch Dimitri Filippov Handball lebt.
Herr Filippov, mit einige Wochen Abstand: Was waren die Gründe für den Abstieg?
Filippov: Kraft, der dünne Kader. Ich denke, am Ende hat die Kraft gefehlt. Wir wollten es schaffen, aber in der Relegation habe ich deutlich gesehen, dass einige Spieler Schwierigkeiten hatten. Man sieht das in den Augen der Spieler. Wir hatten auch Ausfälle. Wir mussten ohne gelernten Kreisläufer spielen. Pit Seifert hat am Saisonende gefehlt, damit seine Tempogegenstöße und seine Tore von außen.
Andreas Böhm, ihr Kapitän in der letzten Saison, hat nach seinem Abschied den Verein kritisiert, sich nicht um adäquaten Ersatz bemüht zu haben. Teilen Sie Böhms Kritik?
Filippov: Es ist schwierig beim HC Aschersleben, es ist eine Frage des Geldes. Vor der Saison gab es eine Insolvenz. Der Verein kann nicht mal eben einen neuen Spieler holen und den mal eben so bezahlen.
Der Verein hat aber Jürgen Steinscherer und Martin Pratersch geholt, die sich jedoch nicht als Verstärkungen herausstellten.
Filippov: Bei Jürgen hat es leider nicht geklappt. Er war ein guter Spieler. Aber wenn man nur einmal in der Woche zum Training kommt, ist es schwierig. Ähnlich war es bei Martin. Ich hatte gehofft, dass er uns mehr in der Deckung helfen kann. Aber bei ihm hat die Kondition gefehlt. Aber wir hätten es trotzdem schaffen können.
Was meinen Sie?
Filippov: Der größte Rückschlag war die Sperre für Maciej Gebala. Er war Stammspieler, im Angriff und in der Abwehr. Mit ihm lief es besser. Er ist ein ehrgeiziger junger Spieler. Ich bin Frank Seifert sehr dankbar, dass er Maciejs Rolle am Kreis übernommen hat. Er hat alles gegeben, aber Frank ist nun mal ein gelernter Rückraumspieler. Es hat schon seine Gründe, warum es Außen-, Rückraum- und Kreisspieler gibt.
So wie die Saison verlaufen ist: Haben Sie es zu einem Zeitpunkt bereut, zurückgekommen zu sein?
Filippov: Nein. Ich hatte eine gute Truppe und dann sind Dinge passiert, die man nicht erwarten konnte. Benny Böckers Rücktritt, Maciej Gebalas Sperre. Plötzlich hatten wir keinen Kreisspieler mehr. Aber ich habe es nie bereut, wieder zurückgekommen zu sein. Ich wohne in Aschersleben und ich bin gerne Trainer des HCA.
Auch trotz der schwierigen Umstände? Sie konnten teilweise nur mit sechs Spielern trainieren.
Filippov: Von denen drei Torhüter waren. Ich habe versucht, das Training anzupassen. Nicht immer volle Pulle, sonst verletzt sich wieder einer. Leider war es so, dass wir mehrfach angeschlagene Spieler hatten.
Muskelfaserrisse, Schnittwunden, Schulterverletzungen, dazu die Sperre für Gebala, Böckers Rücktritt - haben Sie so etwas in Ihrer langen Handball-Karriere schon einmal erlebt?
Filippov: So etwas ähnliches habe ich in Bernburg erlebt, als wir in der 2. Bundesliga gespielt haben. Da war Sven Liesegang Trainer. Da haben wir fast die komplette Saison mit nur neun Spielern durchgespielt. Da war es aber so, dass wir auf jeder Position einen gelernten Spieler hatten. Da habe ich die Erfahrung gemacht, dass bei einem kleinen Kader jeder mehr gibt, weil er weiß, dass da kein anderer ist, der für ihn kommen könnte. Bei der Weltmeisterschaft 1995 hatten wir in der russischen Nationalmannschaft auch viele Verletzte. Als Spieler habe ich solche Situationen also schon erlebt, aber nicht als Trainer. (schmunzelt)
Trotz allem wirkten Sie immer besonnen. Gab es keine Zweifel?
Filippov: Nein. Ein Trainer muss ein Führer sein. Es bringt nichts, wenn ich sage: Alles ist Mist. Ich bin ein Optimist. Ich habe immer gehofft, dass das Sportgericht entscheidet, dass wir Maciej doch wieder einsetzen dürfen. Leider war es nicht so. Aber man muss immer mit den Umständen umgehen. Das betrifft das Training, das betrifft das Spiel. Meine Spieler müssen arbeiten und kommen danach müde zum Training. Früher, in meiner ersten Zeit beim HCA, hatten wir noch mehrere Profis, da haben wir auch Vormittags Training gemacht. Die Umstände haben sich aber verändert. Es ist eine schwere Aufgabe. Für jeden.
Ist dann die Mitteldeutsche Oberliga nicht die bessere Liga für den HCA?
Filippov: Ich sehe das 50:50. Die Mitteldeutsche Oberliga ist nicht schlecht, aber die 3. Liga ist schon besser. Für uns wird es nicht einfach. Wer denkt, wir kommen sofort zurück, liegt falsch. Wir wollen versuchen, um Platz eins mitzuspielen. Es wird aber nicht einfach.
Es gab einige Abgänge. Gibt es denn schon Neuzugänge zu vermelden?
Filippov: Ich hoffe natürlich auf einen größeren Kader. Wir brauchen Kreisläufer und wir brauchen einen linken Rückraumspieler, nachdem nun auch Gorden Müller gesagt hat, dass er aufhört. Einen Rechtsaußen vielleicht noch. Wir wollen ein paar junge Spieler holen, aber noch ist nichts spruchreif. Es liegt alles am Geld. Die jungen Spieler von heute wollen etwas verdienen oder einen Ausbildungsplatz. In Russland habe ich als Profi nicht viel verdient. Ich habe mit Herz und mit Leidenschaft gespielt. Erst der Sport, dann das Geld. Und wir haben alles gewonnen. Heute kommt erst das Geld, dann der Sport.
Das klingt noch nach einer Menge Arbeit für die neue Saison.
Filippov: Am 14. Juli beginnt die Vorbereitung, bis dahin möchte ich wissen, wie der Kader aussieht. Ich warte ab, wie es läuft. Wenn ich dann zehn Leute beim Training habe, dann ist das viel mehr, als letzte Saison.
Und wenn bis dahin immer noch viele Baustellen sind, würden Sie dann sagen: So, das war es, das will ich nicht mehr?
Filippov: Nein. Handball ist mein Leben. Ich will nicht nach einem Abstieg aufhören. Ich will es wiedergutmachen. Ich will zeigen, dass das mit den Möglichkeiten, die wir haben, möglich ist.