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Boxweltmeisterin Nikki Adler  Boxsport in Aschersleben: Zuschlag an die Provinz

Von Erik Schmidt 08.03.2017, 10:44
Passt wie die Faust auf’s Auge: Die vierfache Weltmeisterin Nikki Adler (l.) und Trainer René Friese.
Passt wie die Faust auf’s Auge: Die vierfache Weltmeisterin Nikki Adler (l.) und Trainer René Friese. Erik Schmidt

Aschersleben - Auf den ersten Blick ist sie eigentlich nicht wahrzunehmen - versteckt im Schatten eines Werkzeug-Fachgeschäfts soll die kleine Box-Halle in Aschersleben liegen.

Schilder oder ähnliche Hinweise fehlen gänzlich. Lediglich ein bedrucktes Fahrzeug auf dem zum Gebäudekomplex gehörigen Parkplatz lässt auf ihre Existenz schließen.

Nach vorsichtigem Klopfen an einer verspiegelten Glastür öffnet sich die Pforte prompt. Im Innern ist die kurzzeitige Orientierungslosigkeit sofort verflogen. Es riecht nach Schweiß. Ein großer von Seilen umsäumter Ring füllt den Raum. Sandsäcke hängen an der Wand. Hier wird definitiv ambitioniert trainiert.

Fünf intensive Wochen

Es ist Vormittag. René Friese nippt an einer Tasse Kaffee und gibt gleichzeitig lautstarke Anweisungen. Der 45-Jährige ist Inhaber der Übungsstätte und ebenso Coach. Drei seiner Schützlinge absolvieren gerade eine lockere Erwärmung.

Dazu zählt auch Nikki Adler. Die 29-Jährige ist eine stattliche Erscheinung - groß und durchtrainiert. Außerdem ist Nikki Adler bereits vierfache Weltmeisterin. Sie hat aktuell den WBU-, WBF, WBC- und WIBA-Gürtel im Supermittelgewicht inne.

Am kommenden Sonnabend steigt die gebürtige Augsburgerin in Ludwigshafen im Rahmen einer Sport-Gala des Boxstalls Sauerland in den Ring, um die Titel zweier weiterer Verbände zu erobern. „Das ist eine große Chance“, weiß die Athletin. Und auf diese bereitete sie sich in den vergangenen fünf Wochen intensiv in der Stadt an der Eine vor.

Nikki Adler war auf der Suche nach einem Trainer

Der Grund, weshalb dies so weit von ihrer eigentlichen Heimat entfernt geschah, war eben jener René Friese. Der Ascherslebener fungierte viele Jahre als Übungsleiter beim SES-Boxstall in Magdeburg.

Dort lernte er auch Nikki Adler kennen, die sich zuletzt auf der Suche nach einem neuen Trainer befand. „Ich wollte jemanden, der zu mir passt“, sagt die Profi-Boxerin, „und René war zum Glück gerade dabei, sich selbstständig zu machen.“ Im vergangenen Jahr zog sich Friese nämlich aus dem Geschehen in der Landeshauptstadt zurück und konzentriert sich seitdem vornehmlich auf seine Einrichtung in Aschersleben, wo er auch Kurse im Fitness-Boxen gibt.

„Nikki und ich wollten es mit einer Zusammenarbeit einfach ausprobieren, wir mussten nur auf ihren nächsten Kampf warten“, erklärt der Trainer, der zuvor bereits Größen wie Robert Stieglitz oder Robin Krasniqi vor wichtigen Auftritten als Co-Coach betreute.

Keine Sekunde gezögert

Nachdem Adlers Aufeinandertreffen mit Mery Jennifer Rancier aus der Dominikanischen Republik für den 11. März terminiert wurde, ging es zügig an die Vorbereitung. „Dabei hat es sich angeboten, diese in Aschersleben durchzuziehen“, sagt René Friese.

Sein Schützling zögerte unterdessen keine Sekunde, der mitteldeutschen Provinz den Zuschlag zu geben. „Ich liebe es, Neues zu erkunden“, so Nikki Adler, „deswegen haben ich mich sofort auf diese Region gefreut.“ Und nach mehr als einem Monat in Aschersleben fällt ihr Fazit durchweg positiv aus.

„Ein paar Ecken von der Stadt konnte ich sehen“, erzählt die 29-Jährige, „vor allem in meiner Pension habe ich mich rundherum wohl und nahezu heimisch gefühlt.“

Die Wege entlang der alten Burg nutzte Adler regelmäßig für Ausdauerläufe, wobei sie besonders die Ruhe genoss. „Außerdem habe ich viele begeisterte Box-Fans in Aschersleben kennengelernt und musste das eine oder andere Autogramm geben“, sagt die Weltmeisterin.

René Friese hofft derweil aufgrund des prominenten Trainingsgastes auf einen neuen Interessen-Schub in der einstigen Hochburg des Faustsports. „Vielleicht wächst die Resonanz in der Gegend tatsächlich, es wäre wünschenswert“, so der Trainer, der erstmalig eine Sportlerin eigenverantwortlich auf einen derartigen Kampf vorbereitet. „Das ist für mich natürlich etwas besonderes“, so Friese.

Beide Parteien scheinen sich einig

Das Programm der letzten fünf Wochen hatte es unterdessen in sich. Nicht gerade selten galt es, zwei Einheiten pro Tag zu absolvieren. Mehrmals in der Woche ging es zum Sparing nach Halle.

„Für Nikki war es eine harte Zeit“, erklärt René Friese, „aber sie hat sich durchgebissen.“ Adler selbst ist freilich froh, dass der entscheidende Tag näher rückt. „Die gesamte Energie wird sich im Ring entladen“, weiß die Boxerin aus Erfahrung, „wobei man vorher nie sagen kann, wie der Kampf läuft.“

Alle 15 Profi-Duelle gewonnen

Von ihren bislang 15 Profi-Duellen gewann die Augsburgerin jedes, dennoch spiele die Tagesform stets eine bedeutsame Rolle. „Ich kann nur hoffen, dass am Sonnabend alles passt“, so Nikki Adler, „ich bin jedenfalls topfit und weiß um meine Verantwortung für das gesamte Team.“

Unabhängig vom Ausgang werden die folgenden zwei Wochen einzig der Erholung dienen. Ob es anschließend mit René Friese als Coach weitergeht, ist offiziell noch nicht geklärt. Doch beide Parteien scheinen sich einig. http://www.augsburger-allgemeine.de/sport/Ex-Trainer-sind-von-Box-Weltmeisterin-Nikki-Adler-enttaeuscht-id40530631.html

„Ich bin positiver Dinge“, sagt der Trainer, „wir verstehen uns gut, es passt wie die Faust auf’s Auge.“ Und auch Nikki Adler meint: „Das Ganze hängt nicht mit dem Ergebnis zusammen. Für mich steht schon jetzt fest, dass ich wiederkommen möchte.“

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In der Ludwigshafener Friedrich-Ebert-Halle geht es für Nikki Adler am Samstagabend um die zusätzlichen Titel der Verbände GBU und WIBF, die im übrigen einst die ehemalige Profi-Boxerin Regina Halmich inne hatte. In Kombination mit Adlers aktuell vier weiteren Gürteln besteht laut Trainer René Friese Gelegenheit für die 29-Jährige, „Geschichte zu schreiben“.

Die Sport-Gala des Boxstalls Sauerland wird derweil ab 22.15 Uhr im Fernsehen auf ProSieben Maxx und im Internet auf ranfighting.de übertragen. Gegnerin Mery Jennifer Rancier stammt eigentlich aus dem Schwergewicht. (mz)