Sachsen Sachsen: Geheimakten beschreiben kriminelle Netzwerke
Leipzig/Chemnitz/MZ. - Die Verfassungsschützer haben ihre Ermittlungen in fünf Komplexe untergliedert. Der Hauptkomplex beschäftigt sich mit Leipzig. Hier die wichtigsten Fälle.
Leipzig: In der Messestadt geht es vor allem um vermutete Beziehungen zwischen Rotlichtmilieu und Justiz. In die Öffentlichkeit drang bisher nur der Name Norbert Röger. Der frühere Leipziger Oberstaatsanwalt soll Rotlichtgrößen, die im Verdacht der Kinderprostitution standen, über Ermittlungen informiert haben. Zudem wird ihm Strafvereitelung im Amt vorgeworfen. Röger ist seit 1. Mai 2007 Präsident des Amtsgerichtes in Chemnitz. Zu den Vorwürfen will er sich nicht öffentlich äußern. Gegen ihn läuft ein Disziplinarverfahren.
Leipzig: Die Verfassungsschützer haben offensichtlich Hinweise auf weitere Verstrickungen der Leipziger Justiz ins Rotlichtmilieu gefunden. Ein Richter, bei dem sexuelle Kontakte zu Kindern vermutet werden, soll den Betreiber eines Kinderbordells nur zu vier Jahren Haft verurteilt haben. Bedingung sei gewesen, so der Verurteilte nach seiner Haftentlassung, dass er keine Kunden nannte. Andernfalls hätte ihn eine Haftstrafe von zwölf Jahren erwartet. Bei einem weiteren Justizangestellten finden sich angeblich Hinweise, dass er beim Sex mit einer Minderjährigen von einer Rotlichtgröße gefilmt und damit erpresst wurde.
Neueste Hinweise aus den geheimen Verfassungsschutzakten werfen ein makabres Licht auf das Leipziger Rathaus. Dort sollen regelmäßig tschechische Prostituierte ihrer Arbeit nachgegangen sein, die vorher von Zuhältern angeworben und ins Rathaus gebracht wurden. Zudem soll ein bekannter Anwalt hohe Justizbeamte und hochgestellte Personen des öffentlichen Lebens mit Liebesdamen versorgt haben. Außerdem gibt es Vermerke, nach denen kriminelle Grundstücksgeschäfte zwischen Immobilienleuten und Rathausmitarbeitern ausgekungelt wurden.
Dresden: Kriminelle Verbindungen zwischen Justiz- und Polizeibeamten mit der italienischen Mafia und der Rotlichtszene soll es auch hier gegeben haben.
Plauen: Verfassungsschützer und deren Verbindungsleute trugen Informationen zusammen, die vermuten lassen, dass der ehemalige Chef der Plauener Kriminalpolizei, Karlheinz Sporer, Millionenbetrügereien in der Immobilienbranche gebilligt hat. Dafür soll er kostenlos Dienste eines Nachtclubs genutzt haben. Sporer beging 1999, als ihm der Prozess gemacht wurde, Selbstmord. Bis heute halten sich Zweifel an der Selbstmord-Version. Auch sollen seinerzeit in kriminelle Netze eingebundene Personen heute noch immer in wichtigen Positionen sitzen. Dubiose Verbandelungen werden auch einem FDP-Bundestagsabgeordneten nachgesagt.
Leipziger Behördenzentrum Paunsdorf-Center: Die angeblich überteuerte Anmietung von mehr als 50 000 Quadratmeter Bürofläche im Paunsdorf-Center durch den Freistaat Sachsen ist zwar nicht Bestandteil der Ermittlungsakten des Verfassungsschutzes. Allerdings sieht sich Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm Vorwürfen ausgesetzt, er habe vor sieben Jahren Ermittlungen in dieser umstrittenen Angelegenheit unterdrückt.
Schwalm bezeichnete die Vorwürfe als absurd. Als oberster sächsischer Staatsanwalt ist er indes eingebunden in die Aufklärung und Überprüfung der vom Verfassungsschutz zusammengetragenen Vorwürfe gegen sächsische Justizbeamte, Polizisten und Politiker.
Der Autor ist Redakteur der Freien Presse (Chemnitz).