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Weniger Leistungskurse Weniger Leistungskurse: Für Abiturienten soll es in Sachsen-Anhalt leichter werden

Von Hagen Eichler 02.02.2018, 09:21
Sachsen-Anhalt verlangt von den Abiturienten bisher sechs Leistungskurse.
Sachsen-Anhalt verlangt von den Abiturienten bisher sechs Leistungskurse. imago stock&people

Halle (Saale) - Das deutsche Abitur steckt im größten Umbau seit Jahrzehnten. In vielen Bundesländern werden die Anforderungen an Abiturienten neu formuliert. Im Kern geht es darum, die Studier-Berechtigung deutschlandweit wieder ähnlicher zu gestalten. Auch Sachsen-Anhalt muss die gymnasiale Oberstufe bis zum Sommer 2019 neu organisieren.

Auf Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) darf es künftig nur noch zwei bis vier Leistungskurse geben. Derzeit verpflichtet Sachsen-Anhalt seine Abiturienten zu sechs Fächern auf besonders anspruchsvollem Niveau. In allen anderen Ländern außer Mecklenburg-Vorpommern sind es weniger.

Abi-Reform in Sachsen-Anhalt: Schulen brauchen bis Frühjahr 2019 Klarheit

Laut KMK muss diese Überbelastung spätestens für den Abiturjahrgang von 2021 abgeschafft sein. Klarheit brauchen die Schulen bis zum Frühjahr 2019. Wie die künftigen Regeln aussehen werden, hat Bildungsminister Marco Tullner (CDU) noch nicht entschieden. „Wir wollen die Reform mit exemplarischen Schulen diskutieren“, kündigt Tullner gegenüber der MZ an. „Auch der Bildungsausschuss des Landtags wird einbezogen.“

Der Deutsche Philologenverband, die Vertretung der Gymnasiallehrer, rät zur Beschränkung auf zwei oder drei Leistungskurse. „Die Schüler können dann auch in die Tiefe bohren. Das ist wichtig zur Vorbereitung auf ein Studium“, sagte Verbandschefin Susanne Lin-Klitzing der MZ.

Bis 1999 galten in ganz Deutschland einheitliche Vorgaben: Oberstufenschüler durften zwischen Grund- und Leistungskursen wählen, zwei Leistungskurse waren Pflicht. Auf Druck von Baden-Württemberg kippte die KMK diese Regeln aber.

Sachsen-Anhalt schraubte die Anforderungen anschließend besonders hoch. Seither wird auch das Fach Mathematik ausschließlich auf Leistungskurs-Niveau unterrichtet. Das hat drastische Folgen. 2004 erreichten noch 92 Prozent der Oberstufenschüler das Abitur - seit Einführung der sechs Leistungskurse 2007 sind es nur noch rund 80 Prozent.

Auch bei der Bewertung von Prüflingen wird die Ungleichbehandlung zurückgestutzt

Das belegen Berechnungen des halleschen Abitur-Experten Günter Germann nach Zahlen des Landes. „In Sachsen-Anhalt werden jedes Jahr Hunderte Schüler um das Abitur betrogen“, klagt der frühere Mathematiklehrer.

Mecklenburg-Vorpommern hat den Kurswechsel bereits beschlossen. Dort können Schüler vom nächsten Jahr an wieder zwischen Grund- und Leistungskursen wählen. Man wolle die Schüler „differenzierter fördern“, sagte Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD). Zudem kehrt das Land zu lediglich zwei Leistungskursen zurück. Auch Baden-Württemberg, Niedersachsen und Brandenburg stellen das alte Kurssystem wieder her. Damit sind die 1999 begonnenen Experimente praktisch gescheitert. „Für die Einheitlichkeit des Abi-turs in Deutschland war das kein Fortschritt“, urteilt Sachsen-Anhalts Bildungsminister Tullner.

Auch bei der Bewertung von Prüflingen wird die Ungleichbehandlung zurückgestutzt. Das belegt eine MZ-Umfrage unter den Kultusministerien. In den letzten Monaten hat die Mehrzahl der Länder Maßstäbe und Dauer der Prüfungen verändert. Im vergangenen Jahr gab es zudem erstmals gemeinsame Prüfungsaufgaben. Die Angleichung sei vorangekommen, urteilt Philologen-Chefin Lin-Klitzing. „Es reicht aber noch längst nicht.“ Sie fordert gleiche Vorgaben für die Zahl der Kurse, die in die Abiturnote eingehen. (mz)