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Kommentar zur Kennzeichenerfassung Überwachung braucht Grenzen

Bei massenhafter Datenerfassung kann massenhaft schiefgehen. Und der automatische Scan darf nicht der Einstieg in flächendeckende Kontrolle sein.

Von Hagen Eichler 13.01.2025, 18:00
MZ-Kommentator Hagen Eichler
MZ-Kommentator Hagen Eichler (Foto: Andreas Stedtler)

Magdeburg/MZ - Andere Länder machen es vor, jetzt will auch Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) auf bestimmten Straßenabschnitten automatisiert sämtliche Autokennzeichen fotografieren und mit Fahndungsdatenbanken abgleichen. Das ist ohne Zweifel effizient und wird dazu beitragen, gesuchte Straftäter oder Gefährder aufzuspüren, bestenfalls auch festzusetzen. Das Ganze birgt aber auch Risiken – und zwar für gesetzestreue Bürger, zu deren Kontrolle keinerlei Anlass besteht.

Denn das System erhebt und speichert Daten von ausnahmslos jedem, der die Kamera passiert. Auf einer vielbefahrenen Autobahn installiert, kämen pro Tag die Daten von Zehntausenden Fahrzeugen zusammen. Die Erfahrung zeigt aber, dass bei der massenhaften Datenerfassung massenhaft schiefgehen kann.

Das Risiko von Datenmissbrauch steigt

Der von Zieschang vorgelegte Gesetzentwurf geht auf verfassungsrechtliche Bedenken ein. So ist klargestellt, dass eine Überwachung, die das ganze Land erfasst, unzulässig ist. Auch dürfen die Kameras nur genutzt werden, wenn es um schwere Straftaten oder „erhebliche“ drohende Gefahren geht.

Die gesetzlichen Vorgaben sind allerdings das eine – der tatsächliche Umgang mit den Daten ist das andere. Die Polizei muss sich bewusst sein, dass sie sehr sensible Informationen in die Hand bekommt, die geschützt und den Vorgaben folgend auch schnell wieder gelöscht werden müssen. Dabei kommt es auch auf den technischen Sachverstand der Behörden an.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]

In den USA gelang es erst in der vergangenen Woche einem Youtuber, sich durch einen sehr einfachen Versuch Zugriff auf die Live-Bilder von Verkehrsüberwachungskameras zu verschaffen. Genau so etwas muss unbedingt verhindert werden. Zugleich dürfen die Kameras nicht der Beginn einer flächendeckenden Überwachung werden. Die Bürger haben das Recht, sich grundsätzlich frei und unbeobachtet durch das Land zu bewegen.