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Terrornetzwerk "Nordkreuz"  Terrornetzwerk Nordkreuz: Wer ist auf der Feindesliste? Opfer in Sachsen-Anhalt sollen informiert werden

Von Jan Schumann 10.07.2019, 10:15

Magdeburg - Die Liste, um die es geht, ist Ermittlern bei Anti-Terror-Razzien in Mecklenburg-Vorpommern in die Hände gefallen. 25.000 Namen. Zusammengetragen von Mitgliedern einer Gruppe namens Nordkreuz. Die Bundesanwaltschaft nahm damals Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat auf. Also Terror.

Weil immer mehr über die offenbar rechtsextremistische Gruppe Nordkreuz bekannt wird, dringen jetzt auch Innenpolitiker in Sachsen-Anhalt auf Aufklärung. Die Linken-Politikerin Henriette Quade hält die aufgeflogene Gruppierung für „nichts Geringeres als ein brandgefährliches Terrornetzwerk“, das vermutlich auch Namen politischer Gegner aus Sachsen-Anhalt gesammelt habe. „Wenn so ein Netzwerk eine fünfstellige Namensliste von Feinden erstellt, die an einem Tag X gejagt und getötet werden sollen, kann eben nur noch von bedrohlichem Terror die Rede sein“, sagte Quade.

Linke will Gefahrenprognose für Betroffene

Die Landtagsabgeordnete und Fraktionsvize der Linken sagte am Dienstag: „Wir erwarten, dass Innenminister Stahlknecht dafür sorgt, dass das Landeskriminalamt auch hierzulande umfassend ermittelt, die betroffenen Personen informiert und in jedem dieser einzelnen Fälle eine Gefährdungsprognose erstellt wird.“ Die jeweilige Prognose muss laut Quade „mit angemessener Sensibilität“ den Betroffenen mitgeteilt werden. Sie sollten auch über Schutzmaßnahmen für sich und ihre Angehörigen aufgeklärt werden. „Darüber hinaus erwarten wir eine Berichterstattung im nächsten Innenausschuss.“

Nach MZ-Informationen sollen auf den vermeintlichen Feindeslisten vorwiegend Politiker und Akteure des linken Spektrums stehen - etwa solche, die sich positiv zum Flüchtlingszuzug geäußert haben. Nach Einschätzung von Ermittlern sollen die Rechtsextremisten geplant haben, politische Gegner gezielt zu töten. Diesen Verdacht sollen zwei Vernehmungen eines der Nordkreuz-Angehörigen erhärtet haben. Dies war vor Tagen bekannt geworden.

Erben: Wahrscheinlich „jede Menge Leute aus Sachsen-Anhalt“ auf Liste

Der SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben sagte der MZ: „Ich bin der Meinung, dass man in jedem dieser Fälle Betroffene informieren muss.“ Er halte es aber zugleich für nötig, diese Information „in den Kontext zu stellen“ - für Betroffene müsse klarwerden, ob sie eher durch Zufall auf eine Liste gelangt seien oder aber eine konkrete Gefahr für sie bestehe. „Die Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls groß, dass da auch jede Menge Leute aus Sachsen-Anhalt drauf stehen“, erklärte Erben.

Der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel forderte, einen zentralen Ansprechpartner beim Landeskriminalamt (LKA) zu benennen, an den sich mutmaßlich Betroffene aus Sachsen-Anhalt wenden können. „Dort können sie erfragen, ob sie auf einer Liste stehen und sich beraten lassen“, sagte er.

Erst vor Tagen waren neue Details zum Fall „Nordkreuz“ bekannt geworden. Die Tageszeitung „taz“ hatte berichtet, dass Ermittler des Bundeskriminalamtes zuletzt 29 Zeugen befragt hatten, in deren Fällen zusätzlich Meldeadressen oder Geburtsdaten auf den Listen ergänzt worden seien. Nach früheren Regierungsangaben stammte die bei der Razzia sichergestellte Liste mit den rund 25 000 Personen aus einem Datendiebstahl bei einem Onlineversand von 2015. Deshalb sagt Erben: „Es ist strittig, ob es sich tatsächlich um Todeslisten handelt.“

Ministerium prüft sogenannte Feindesliste

Unklar ist derzeit, ob auch der im Juni ermordete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) auf den sogenannten Feindeslisten stand. Fakt ist: Das LKA in Sachsen-Anhalt hat nun eine neue Prüfung der Liste begonnen. So sollen etwaige Bezüge nach Sachsen-Anhalt offengelegt werden. Sind einzelne Personen im Land konkret gefährdet?

Derzeit gibt es nach Angaben des Innenministeriums in Magdeburg keine entsprechenden Erkenntnisse. Es gebe derzeit auch keinen Grund für Alarmstimmung. Wie lange die Analyse der 25.000er-Liste dauern wird, ist unklar. Ob darauf genannte Personen aus Sachsen-Anhalt benachrichtigt werden, wie bereits von Quade und Erben gefordert, sei derzeit noch offen. (mz)