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Kommentar zu Gewalt gegen Bahnpersonal Sie halten den Kopf hin für das Chaos bei der Bahn

Die Gewalt gegen Bahnpersonal wächst. Warum Kampagnen und Kameras allein keine Lösung sind.

Von Alexander Schierholz 14.04.2025, 14:43
Hinter der Gewalt, die in keiner Weise zu rechtfertigen ist, steht ein strukturelles Problem, meint unser Kommentator.
Hinter der Gewalt, die in keiner Weise zu rechtfertigen ist, steht ein strukturelles Problem, meint unser Kommentator. (Foto: MZ / Stedtler)

Halle/MZ - Sandro ist Zugbegleiter, und er ist sauer: „Ich bringe dich sicher ans Ziel. Und du nennst mich Wichser?“ Man möge den Ausdruck entschuldigen, es handelt sich um ein Zitat aus einer Kampagne des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Sie soll aufmerksam machen auf verbale und tätliche Übergriffe gegen Menschen wie Sandro, die in diversen Berufen täglich buchstäblich den Kopf hinhalten. Die Kampagne heißt: „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“.

Leider vergessen das doch immer wieder viele, was sich an Zahlen ablesen lässt: In Sachsen-Anhalt ist die Zahl gewalttätiger Angriffe auf Eisenbahn-Beschäftigte erneut gestiegen. Allein 76 Attacken im vergangenen Jahr, für sich genommen wirkt das nicht viel. Aber da sind ja noch die ungezählten Beleidigungen und Pöbeleien, die offenbar nicht in den Griff zu bekommen sind.

Die Deutsche Bahn versucht es mit Bodycams. Das könnte eine gute Idee sein

Die Deutsche Bahn versucht es jetzt mit Bodycams als deeskalierende Maßnahme. Nach den ersten Erfahrungen, von denen der Konzern berichtet, scheint das eine gute Idee zu sein. Allerdings wollen und können nicht alle solche Körperkameras tragen. Und technische Aufrüstung mag zwar helfen, die schlimmsten aggressiven Auswüchse zu mindern. Doch hinter der Gewalt, die in keiner Weise zu rechtfertigen ist, steht ein strukturelles Problem: Über Zugbegleiter, Servicemitarbeiter und Lokführer ergießen sich Frust und Wut vieler Fahrgäste über das zunehmend dysfunktionale System Bahn. Dagegen helfen keine Kampagnen und keine Kameras.

Aber was dann? Die Politik muss endlich dafür sorgen, dass die Bahn wieder zu einem zuverlässigen Verkehrsmittel wird. Dazu braucht es viel Geld, viel Geduld und eine Strukturreform des Bahn-Konzerns als Eigner des maroden Schiennetzes. Es wird nicht von heute auf morgen besser werden. Aber solange der Bund hier nicht entschlossen handelt, wird Gewalt gegen das Personal ein großes Problem bleiben.