Kommentar zum Datenleck in der Landespolitik Die Sorglosigkeit im Netz muss enden
Die abgeflossenen Passwörter sollten für alle Abgeordneten zum Weckruf werden.

Magdeburg/MZ - Wer auf heimliche, unerlaubte Weise Einfluss auf das Geschehen in einem demokratisch gewählten Parlament nehmen will, hat dafür so einige Möglichkeiten. Manche Abgeordnete lassen sich kaufen – die DDR-Staatssicherheit hat das 1972 vorgeführt, als sie mindestens einen CDU-Politiker mit Geld dazu brachte, in Bonn dem eigenen Kanzlerkandidaten das Ja zu verweigern.
Andere Politiker lassen sich mit Erpressung zu einem bestimmten Verhalten bewegen. In einer digitalen Welt wachsen die Möglichkeiten dazu leider in rasendem Tempo. Vor allem Landtagsabgeordnete scheinen sich dieser Gefahren kaum bewusst zu sein.
Fotos, E-Mails - vielleicht auch Belege für Untreue?
Wenn IT-Experten von einem einzigen Volksvertreter gleich sechs unverschlüsselte Passwörter finden, ist allergrößte Sorge angebracht. Niemand weiß, ob Kriminelle oder ein fremder Geheimdienst die Zugänge bereits genutzt haben, um Daten abzuzapfen: Fotos, E-Mails, politische Konzepte – vielleicht auch Beweise für eheliche Untreue. Und niemand weiß, wie lange diese Informationen beiseitegelegt werden, um sie vielleicht in einem passenden Moment als Druckmittel einzusetzen.
Wer denkt, Landtagsabgeordnete seien kein lohnendes Ziel für solch eine Operation, irrt gewaltig. Hinter verschlossenen Türen erfahren Landespolitiker Geheimdienstinformationen. Sie könnten auch benutzt werden, um eine Regierungskrise anzufachen und im schlimmsten Fall ein ganzes Land unregierbar zu machen. Und natürlich kann ein Abgeordneter eines Tages auch Minister werden.
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Die Enthüllungen der Schweizer IT-Experten sorgt hoffentlich für einen heilsamen Schock. Schon aus Eigeninteresse müssen jetzt alle Abgeordneten ihr Kommunikationsverhalten überprüfen, Passwörter austauschen, auf sichere Übertragungswege wechseln. Und sie müssen Pannen der Vergangenheit melden – so peinlich das sein mag. Nur so lässt sich Erpressbarkeit verringern.