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Lehre aus Corona Regierung in Magdeburg entwickelt Chatbot zum Aufklären über Infektionskrankheiten

Künstliche Intelligenz soll Bürger künftig zu Schutzmaßnahmen beraten. Auch das Personal der Gesundheitsämter wurde deutlich aufgestockt.

Von Hagen Eichler 05.11.2024, 17:38
Härtetest Pandemie: Warteschlange vor dem Impfzentrum in Lützen (Burgenlandkreis) im November 2021
Härtetest Pandemie: Warteschlange vor dem Impfzentrum in Lützen (Burgenlandkreis) im November 2021 (Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa)

Magdeburg/MZ - Die Landesregierung will die Bevölkerung mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) über Infektionskrankheiten und wirksame Schutzmaßnahmen informieren. Das hat Landesgesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) am Dienstag angekündigt. Mit dem Einsatz von Technik ziehe man eine Lehre aus der Corona-Pandemie, sagte die Politikerin.

Damals hätten die Gesundheitsämter der Landkreise und das Gesundheitsministerium in Magdeburg per Telefon massenhaft die gleichen Fragen beantworten müssen, etwa zum Nutzen von Schutzmasken oder von Impfungen. „Diese Informationen planen wir durch KI zu ersetzen“, sagte Grimm-Benne. Ministeriumssprecher Martin Bollmann sagte der MZ, die telefonische Beratung solle erhalten bleiben. Zusätzlich soll aber ein sogenannter Chatbot schriftliche Fragen beantworten können.

Im nächsten Jahr soll der Chatbot starten

Die KI werde derzeit mit Hilfe echter Daten des Robert-Koch-Instituts trainiert, sagte Bollmann. „Ziel ist es, bis Mitte 2025 die Antwortqualität so zu verbessern, dass eine Verwendung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst ermöglicht werden kann.“ Man wolle den Bürgern damit „verständliche und vertrauenswürdige Informationen“ zur Verfügung stellen, etwa zum Stand der jährlichen Grippewelle.

Die Entwicklung des Chatbots ist Teil eines Programms, durch das bis 2026 insgesamt 91 Millionen Euro Bundesmittel nach Sachsen-Anhalt fließen. Unter dem Namen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ hatten Bund und Länder das großangelegte Modernisierungsprogramm 2020 beschlossen. Zum öffentlichen Gesundheitsdienst zählen die Gesundheitsämter der Kommunen, aber auch Bundes- und Landeseinrichtungen wie das für Infektionskrankheiten zuständige Robert-Koch-Institut oder das Landesgesundheitsministerium.

Wir waren kaum noch draußen in den Einrichtungen.

Katja Erxleben, Gesundheitsamt Dessau-Roßlau

Die Gesundheitsämter seien vor der Pandemie „schlecht aufgestellt“ und „heruntergewirtschaftet“ gewesen, monierte Grimm-Benne. Um Kosten zu senken, seien Stellen nicht wiederbesetzt worden – die Folge: Für Besuche in Kitas zum Üben des Zähneputzens oder für Hygienekontrollen in Betrieben habe das Personal gefehlt. Das bestätigte auch Katja Erxleben, Leiterin des Gesundheitsamtes von Dessau-Roßlau. „Wir waren kaum noch draußen in den Einrichtungen“, schilderte sie die Lage vor der Pandemie.

Durch die Bundesförderung hat ihr Amt vier zusätzliche Stellen geschaffen, jetzt seien Außeneinsätze wieder möglich. Auch technisch habe man einen großen Sprung gemacht. Hygienekontrolleure müssten ihre Feststellungen nicht mehr mit Stift und Block notieren, sondern könnten sie per Tablet erfassen. Eine Meldung zu Schädlingsbefall sei jetzt auch digital möglich, ebenso wie die Vergabe von Terminen für die Schuleingangsuntersuchung.

2026 endet die Förderung durch den Bund

Insgesamt wurde der öffentliche Gesundheitsdienst in Sachsen-Anhalt um 133 Stellen aufgestockt. Das 2020 verkündete Ziel sei bereits Ende 2023 erfüllt und sogar übererfüllt worden, sagte Ministerin Grimm-Benne. Allerdings: Die Finanzierung durch den Bund endet 2026.

Bereits im vergangenen Jahr hatte der Finanzausschuss des Bundestages festgelegt, dass nach dem Auslaufen des Pakts wieder die reguläre Zuständigkeit greift, dass also die Länder für eine Anschlussfinanzierung zuständig sind. Grimm-Benne sieht die Landkreise und kreisfreien Städte in der Verantwortung. „Es ist eine Aufgabe, die die Kommunen immer beibehalten werden“, sagte sie. Durch die Anschaffung neuer Hard- und Software hätten die Kommunen aber einen solchen Sprung gemacht, dass sie die Aufgabe künftig auch allein finanzieren könnten.

Nie wieder Datenaustausch per Hand, verspricht die Ministerin

Die Gesundheitsämter waren in der Pandemie dafür verantwortlich, Infektionsketten nachzuverfolgen, Testmöglichkeiten und Impfungen zu organisieren und Quarantäne-Anordnungen erlassen. Die Leiter der Gesundheitsämter berichteten damals von Überlastung und Überforderung.

Grimm-Benne erinnerte daran, dass man Bundeswehrsoldaten habe anfordern müssen, die dann die Daten für das Robert-Koch-Institut per Hand eingeben mussten. Das werde im Fall einer künftigen Pandemie nicht nötig sein, sagte die Ministerin.

Ärzte dringend gesucht

Beim benötigten Fachpersonal haben die Gesundheitsämter weiterhin Schwierigkeiten. Die Stadt Dessau-Roßlau habe lediglich eine einzige Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen, sagte Gesundheitsamtschefin Erxleben – die Frau sei bereits im Rentenalter, arbeite aber noch weiter. „Es ist schwer, Fachärzte zu bekommen.“

Ein Teil der vom Bund zur Verfügung gestellten Summe soll auch in Cybersicherheit fließen. Nötig sei ein besserer Schutz gegen digitale Angriffe, sagte Ministerin Grimm-Benne. Im Oktober hatte ein Hackerangriff zwei Einrichtungen im Landkreis Wittenberg getroffen.