Polizei vergisst Infrarot-Technik Polizei vergisst Infrarot-Technik: Ministerium muss Hunderte Fahrzeuge aufrüsten

Magdeburg - Es ist eine Autopanne der etwas anderen Art: Sachsen-Anhalts Polizei muss Hunderte Einsatzfahrzeuge in die Werkstatt schicken, weil wichtige Bauteile fehlen. Konkret geht es um Infrarottechnik auf Autodächern: Mithilfe der Lichtmodule können Fahrzeuge bei Nachteinsätzen eindeutig identifiziert werden, vor allem aus Polizeihubschraubern mit Nachtsichtgeräten.
Für Verfolgungsjagden in der Dunkelheit kann das entscheidend sein. Kurios allerdings: In Sachsen-Anhalt fehlen die Teile auf 644 Autos - und das seit Jahren. Das deckte der SPD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Erben mit einer Anfrage an des Innenministerium auf.
Umrüstung auf LED-Blaulicht für Polizei läuft seit 2010
Scheinbar störte es über Jahre niemanden, dass die eigentlich gängigen Bauteile auf den Autodächern fehlten. Gebraucht wird die Infrarot-Technik im Grunde seit 2010. Seit diesem Jahr rüstet die Landespolizei Blaulichtanlagen auf ihren Autos um: Ältere Halogenleuchten werden durch neue, „energiesparenden“ LED-Lampen ersetzt, so das Innenministerium in Magdeburg.
Ein Problem des modernen Blaulichts: LED-Lampen werden von Nachtsichtgeräten nicht als Wärmequellen wahrgenommen, können also aus der Luft nicht eindeutig geortet werden. Die Lösung sind zusätzlich installierte Infrarotstrahler auf den Autos, sie sind bundesweit im Einsatz. Nicht aber in Sachsen-Anhalt.
Mögliche Probleme in der Praxis räumt das Ministerium selbst ein: Zwar betont Sprecher Lars Fischer auf Anfrage, dass Nachtsichtgeräte weiter Wärmequellen wie Motor, Scheinwerfer und Personen am Fahrzeug erkennen. Er fügt aber hinzu: „Gleichwohl ist die Unterscheidung beispielsweise zwischen Einsatzfahrzeugen und nicht polizeilichen Fahrzeugen erschwert.“
Blaulicht fehlt Infrarot-Sender - Panne blieb lange unentdeckt
SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben schätzt nun ein: „Das ist natürlich auch peinlich, dass das so lange unbemerkt geblieben ist.“ Sachsen-Anhalt sei „das einzige Bundesland, das ohne diese Technik unterwegs ist“. Offenbar sei der Einbau über Jahre schlicht und ergreifend vergessen worden, sagte Erben.
Das Ministerium jedenfalls gibt an: Es liegt nicht an Kostenerwägungen, dass die Infrarottechnik weggelassen wurde. Nach Jahren fiel das Technikproblem nun auf, „anlässlich eines Polizeieinsatzes im Süden Sachsen-Anhalts“, wie das Ministerium sagt. Es betont: „Der Einsatzerfolg war nicht gefährdet.“ Das Ressort habe „unmittelbar“ nach Bekanntwerden der Probleme reagiert.
Mittlerweile steht fest: Das Innenministerium will nachrüsten – dafür werde eine „Konzeption“ erarbeitet, heißt es auf MZ-Anfrage. Unklar ist, welche Geldsummen in die Hand genommen werden. „Zu den diesbezüglich entstehenden Kosten können mit Verweis auf die Konzeptionierung derzeit keine Angaben gemacht werden“, sagte Ministeriumssprecher Fischer.
Uwe Bachmann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), befürchtet „immense Kosten“ für die Nachrüstung. „Das geht wohl in den sechsstelligen Bereich, das Land kommt so in eine ziemlich missliche Lage“, sagte der Gewerkschafter der MZ. „Schließlich ist Sachsen-Anhalt nicht reich, das Geld muss woanders eingespart werden.“ (mz)
