Kommentar zu Herabwürdigungen im Landtag Pöbler müssen Folgen spüren
Das Parlament von Sachsen-Anhalt darf die Verrohung der Debatten nicht länger hinnehmen. Sonst lassen sich seriöse Persönlichkeiten kaum noch als Volksvertreter gewinnen.
Magdeburg/MZ - Wer sich eine Sitzung des Magdeburger Landtags in der Live-Übertragung ansieht, bekommt das tatsächliche Ausmaß der Enthemmung kaum mit. Sicher: In nahezu jeder Sitzung ist eine verbale Entgleisung zu hören, auf die das Präsidium mit einem Ordnungsruf reagiert.
Das aber, was damit einhergeht, wird von der Technik verhüllt. Kamera und Mikrofon sind strikt auf das Rednerpult gerichtet, nicht auf die Abgeordnetenbänke. In hitzigen Momenten wird dort aus vollem Hals gebrüllt und gepöbelt, es gibt vor Wut rote Köpfe, Gejohle und hämisches Lachen. In den schlimmsten Momenten verwandelt sich der Landtag in einen Hexenkessel, in dem sich der jeweilige Sitzungsleiter teils nur mühsam das Wort erkämpfen kann.
Vor allem Frauen dürfte die Pöbelei abstoßen
Diese Entwicklung muss dem Landesparlament größte Sorge machen. Denn wenn es in der Volksvertretung in regelmäßigen Abständen so enthemmt zugeht wie auf den Zuschauerrängen eines illegalen Boxkampfs, wird das Folgen haben. Politiker, die eine Auseinandersetzung in respektvoller Atmosphäre führen wollen, werden sich zurückziehen. Seriöse Persönlichkeiten werden es sich dreimal überlegen, bevor sie sich für eine Kandidatur in die Pflicht nehmen lassen. Vor allem Frauen dürfte die Pöbelei abstoßen – und schon jetzt ist der Anteil weiblicher Abgeordneter in Sachsen-Anhalt mit 28 Prozent beklagenswert niedrig.
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Der im vergangenen Jahr eingebrachte Vorschlag zur Einführung eines Ordnungsgelds wäre ein Weg, um ein Stoppzeichen zu setzen. Wer das Parlament oder einzelne Menschen herabwürdigt, bekäme nicht nur den nahezu folgenlosen Ordnungsruf, sondern er würde Konsequenzen am eigenen Geldbeutel spüren. Dass ein Politiker in hitziger Debatte überreagiert – das wird sich nie verhindern lassen. Aber dem geplanten, gezielten Eskalieren, das derzeit zu beobachten ist, ließe sich etwas entgegensetzen.