Streit vor dem Arbeitsgericht Öffentlich-rechtlicher Sender RBB verklagt Magdeburger Professorin
Die 2016 als RBB-Programmdirektorin ausgeschiedene Claudia Nothelle bezog jahrelang Ruhegeld. Die neue RBB-Spitze hält das für sittenwidrig - und verlangt Geld zurück.
Magdeburg/MZ - Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hat erstmals eine frühere Führungskraft auf Rückzahlung von Ruhegeld verklagt. Die jahrelang getätigten Überweisungen an die frühere Programmdirektorin Claudia Nothelle seien „sittenwidrig“, sagte RBB-Anwalt René Weißflog am Freitag bei einer Güteverhandlung am Arbeitsgericht Berlin, die ergebnislos zu Ende ging.
Der RBB fordert von der heutigen Journalistikprofessorin der Hochschule Magdeburg-Stendal zunächst für die Zeit von Januar bis September 2020 die Rückzahlung von 86.544 Euro plus Sozialabgaben. Laut Weißflog stehen weitere Forderungen für die Jahre 2021, 2022 und 2023 im Raum. Damit dürfte es um eine Summe von rund 400.000 Euro gehen.
Hier reden wir über eine Verschwendung von Gebührengeldern.
RBB-Anwalt René Weißflog
Mit dem Gang zum Arbeitsgericht distanziert sich der öffentlich-rechtliche Sender von großzügigen Gehältern aus der Ära der früheren Intendantin Patricia Schlesinger. Im Fall zweier anderer Ex-RBB-Direktoren hatte das Arbeitsgericht Berlin den vom RBB verfügten Stopp von Ruhegeldzahlungen für zulässig erklärt, da Leistungen ohne Gegenleistung sittenwidrig seien.
Im Fall der früheren Programmdirektorin geht es nicht nur um einen Stopp solcher Zahlungen, sondern auch um eine Rückforderung. „Hier reden wir über eine Verschwendung von Gebührengeldern“, begründete Sender-Anwalt Weißflog den Schritt. Es handle sich um die erste Klage dieser Art.
Ältere Ansprüche sind wohl bereits verjährt
Nothelle war beim RBB von 2009 bis 2016 Programmdirektorin. Sie verließ die öffentlich-rechtliche Anstalt nach dem Amtsantritt der neuen Intendantin Schlesinger. „Man hat sie vor die Tür gesetzt“, klagte Nothelles Anwalt Jochen Keilich beim Gütetermin. Die Geschasste bekam damals eine Abfindung. Nach dem Auslaufen des Direktorenvertrags 2019 bezog Nothelle zusätzlich ein Ruhegeld, das ihr laut Abfindungsvertrag bis zum Eintritt in die Rente zugestanden hätte.
Eingestellt wurden die Zahlungen im Dezember 2023. Zumindest einen Teil davon will der RBB nun zurückholen, beginnend mit den ersten zehn Monaten des Jahres 2020. Ältere Ansprüche dürften verjährt sein. Nothelles Anwalt Keilich berichtete, seine Mandantin habe am 22. Dezember 2023 eine Aufforderung des RBB erhalten, auf die Verjährungsfristen für die Jahre 2017 bis 2019 zu verzichten. Darauf habe sie sich aber nicht eingelassen.
Es geht darum, dass sie ihren Lebensunterhalt sichern muss.
Jochen Keilich, Anwalt von Claudia Nothelle
Als Professorin einer Fachhochschule erhält die 60-Jährige ein Monatsgehalt von mindestens 6.500 Euro. Da der RBB für zehn Monate 86.544 Euro zurückfordert, lag Nothelles zusätzliches RBB-Gehalt demzufolge bei monatlich gut 8.600 Euro – für ein nicht mehr bestehende Arbeitsverhältnis. Ihrem Anwalt zufolge ist Nothelle auf das Geld angewiesen. „Es geht darum, dass sie ihren Lebensunterhalt sichern muss“, sagte Keilich.
Mit dem Ruhegeld werde abgegolten, dass Nothelle beim Ausscheiden aus dem Direktorenamt auch auf das Recht auf Weiterbeschäftigung als Redakteurin der höchsten Gehaltsstufe verzichtet habe. Richterin Anke Weyreuther ließ offen, wie sie die Argumente bewertet. Nach dem Scheitern einer gütlichen Einigung soll die dreiköpfige Kammer Anfang des kommenden Jahres verhandeln.
RBB-Intendantin Schlesinger wurde 2022 nach Vorwürfen zu Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme und Verschwendung entlassen. Sie selbst bestreitet dies. Ruhegehälter für ausgeschiedene Führungskräfte sind auch in anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten üblich. So hat der MDR laut Geschäftsbericht für 2022 allein für die damals amtierenden neun obersten Manager zusammen 17,4 Millionen Euro für Ruhegeld beiseitegelegt. Allein die im Oktober ausgeschiedene Intendantin Karola Wille war mit 4,2 Millionen Euro abgesichert.