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Kommentar zu Sprachproblemen bei Kindern Nichts geht über Zuwendung

Die Defizite von immer mehr Kindern müssen alle Eltern alarmieren. Es braucht ein radikales Umdenken.

Von Hagen Eichler 10.01.2025, 18:38
MZ-Kommentator Hagen Eichler
MZ-Kommentator Hagen Eichler (Foto: Andreas Stedtler)

Magdeburg/MZ - Wird ein Kind, das ohne jede menschliche Nähe aufwächst, eines Tages sprechen? Und falls ja: in welcher Sprache? Seit der Antike gab es immer wieder Herrscher, die diese Frage durch grausame Versuche zu klären suchten. Im 19. Jahrhundert nahm dann ganz Europa Anteil an Kaspar Hauser, dem aus dem Nichts aufgetauchten stammelnden Waisenjungen, der möglicherweise als unerwünschter Spross eines Adelsgeschlechts in einem finsteren Kerker aufgewachsen war. Die Beispiele zeigten schon früh: Sprechen lernt man nur von anderen Sprechenden.

Ausgerechnet in unserer modernen Zeit heute wirkt es nun, als würden die Experimente früherer Zeiten wiederholt. Nicht im lichtlosen Kerker, sondern in mit Unterhaltungselektronik vollgestopften Kinderzimmern. Nicht durch Stille, sondern durch einen pausenlosen Schwall von Sprache: aus dem Fernseher, aus Tiktok-Videos, aus Spielkonsolen. Was immer mehr Kindern aber fehlt, da sind sich die Experten einig, ist die persönliche Zuwendung. Das liebevolle Reden, das Necken, das Vorlesen – die Interaktion mit echten Menschen eben.

Immer mehr Kanäle - aber klappt die Kommunikation?

Wir erleben hier die unerwünschten Folgen der digitalen Revolution. Auf immer mehr Kanälen können wir kommunizieren, Gedanken austauschen, miteinander in Kontakt bleiben. Doch immer größer wird der Anteil der Menschen, denen die Basis für jede Kommunikation fehlt, die schon daran scheitern, bestimmte Laute oder korrekte Sätze zu bilden.

Wer mit solchen Problemen ins Leben startet, wird die großartigen neuen Möglichkeiten kaum nutzen können, wird sich immer wieder zurückgeworfen fühlen und nur schwerlich ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben führen können.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]

Beim Umgang mit Kindern braucht es daher ein radikales Umdenken: weniger elektronische Geräte, mehr persönlicher Austausch. Das ist das Beste, was Eltern fürs Leben mitgeben können.