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Millionen-Deal Millionen-Deal: Bericht zu "Berateraffäre": Fazit ist hart für SPD-Politiker Bullerjahn

Von Jan Schumann 02.01.2020, 07:00
Jens Bullerjahn im Landtag von Sachsen Anhalt vor der Sitzung des 15. Untersuchungsausschusses über Beraterverträge des Landtags im Jahr 2017.
Jens Bullerjahn im Landtag von Sachsen Anhalt vor der Sitzung des 15. Untersuchungsausschusses über Beraterverträge des Landtags im Jahr 2017. dpa-Zentralbild

Magdeburg - Schleuste der Ex-Finanzminister Jens Bullerjahn millionenschwere Verträge am Landtag vorbei und verteilte gut dotierte Aufträge an Bekannte? 2016 legten Enthüllungen diesen Verdacht nahe. Die „Berateraffäre“ führte dazu, dass Wirtschaftsminister Jörg Felgner (beide SPD) gehen musste. Nach drei Jahren hat der Untersuchungsausschuss im Landtag einen Bericht vorgelegt. Das Fazit ist hart für SPD-Politiker Bullerjahn - andere werden teils entlastet.

1. Worum genau ging es in der Berateraffäre?

Im Kern darum, dass die Landesregierung in den Jahren von 2010 bis 2013 hoch dotierte Beraterverträge vergab, ohne den Landtag zu informieren. Dabei hat das Parlament das Budgetrecht - dieses „Königsrecht“ soll sicherstellen, dass die Volksvertreter entscheiden, wofür das Land Geld ausgibt. Doch laut Rechnungshof ignorierte die Regierung dies mehrfach. Besonders brisant ist ein 6,3-Millionen-Euro-Vertrag von 2013 zwischen dem Finanzministerium und der landeseigenen Investitionsbank IB. Auch deshalb, weil 4,4 Millionen daraus an das hallesche Beratungsinstitut ISW gingen. Teil der Brisanz: Die drei damaligen Chefs in dieser Kette - Finanzminister Jens Bullerjahn, IB-Chef Manfred Maas und ISW-Boss Michael Schädlich - kennen sich gut. Um diesen 6,3-Millionen-Vertrag dreht sich der Zwischenbericht.

2. Welche Verstöße hat der U-Ausschuss gefunden?

Einige, im Kern sieht er das Budgetrecht verletzt: Der Vertrag zwischen Ministerium und IB wurde 2013 schon geschlossen, als der Landtag noch gar kein Geld für die folgenden Jahre freigegeben hatte. Außerdem fanden die Abgeordneten keine einleuchtende Erklärung, wieso die Bank zwischengeschaltet werden musste. Heißt: Das Land hätte die Aufträge einfach selbst vergeben können. Auch kritisch: Der 6,3-Millionen-Vertrag sei so „vage“, dass dies nicht dem „Grundsatz der Kostenminimierung“ entspreche. Und wieso waren eigentlich exakt 6,3 Millionen Euro nötig? Auch das blieb laut Ausschuss unklar: „Eine Bedarfsanalyse gab es nicht.“ Zudem sei das ISW bei der Vergabe des Millionenauftrags bevorteilt gewesen.

3. Wieso wurde der Landtag nicht informiert?

Bullerjahn argumentierte in seiner Befragung im Ausschuss, der Vertrag musste gar nicht vorgelegt werden: Er sei ein „Inhouse“-Geschäft, die Bank quasi Teil der Landesverwaltung. Der Ausschuss stellt hingegen klar: „Diese Auslegung widerspricht (...) dem Zweck und Sinn des Transparenzbeschlusses“, der Landtag hätte informiert werden müssen. Genau darauf wiesen laut Bericht auch mehrere Ministeriumsmitarbeiter Bullerjahns hin. Es geschah: nichts. Die Linke sah in der IB von Beginn an ein Vehikel für das Ministerium, den Vertrag ohne Kontrolle zu vergeben.

4. Also gute Geschäfte unter guten Freunden?

Zumindest kritisiert der Bericht „Verflechtungen“, wenn es um den Millionenauftrag für das ISW über die IB geht: „Um auch nur den Anschein einer Bevorzugung einzelner Bieter zu vermeiden, sollten Überschneidungen zwischen Parteimitgliedschaft, persönlicher Freundschaft und früheren engen Arbeitsbeziehungen tunlichst vermieden werden.“ Stattdessen nährten aber einige Hinweise den „Verdacht der gezielten Beauftragung des ISW“, und zwar über das Konstrukt Ministerium-IB. Die Abgeordneten schreiben, Bullerjahn und Schädlich seien Freunde und wie Maas „fußballbegeistert“. Sie trafen sich im Stadion des Halleschen FC, dessen Präsident Schädlich lange war. Bullerjahn hatte als Zeuge beteuert, auf die Vergaben keinen Einfluss genommen zu haben.

5. Wer ist aus Sicht der Abgeordneten verantwortlich?

In erster Linie Bullerjahn als Minister. Schwer wiegt für die Abgeordneten, dass gerade er auf die Einhaltung der Finanzregeln im Land hätte achten sollen. Seinem damaligen Staatssekretär und späteren Wirtschaftsminister Felgner werfen die Abgeordneten lediglich vor, dass er den Vertrag unterschrieb. „Darüber hinaus gehende Anweisungen oder Eigeninteressen können ihm nicht vorgeworfen werden.“ Felgner war 2016 zurückgetreten, nachdem seine Unterschrift bekannt geworden war. In der Investitionsbank sei Ex-Geschäftsführer Maas für Rechtsverstöße und „das Inkaufnehmen von Interessenskonflikten“ verantwortlich.

6. Ging es in der Affäre nicht auch um Parteispenden?

Ja, einige Abgeordnete hegten Filzverdacht. Zwischen 2012 und 2016 spendete das ISW mehrfach Geld an jene SPD-Ortsvereine, in deren Einzugsgebieten Bullerjahn und Felgner wohnten. Parteispenden gegen Millionenaufträge? Dafür gebe es „keine Anhaltspunkte“, so der Bericht. Die Spenden belegten nur „die persönliche Nähe“ zwischen Schädlich, Bullerjahn und Felgner.

7. Welche Schlussfolgerungen zieht der U-Ausschuss nun?

Für mehr Transparenz zwischen Regierung und Landtag empfiehlt er ein Gesetz - so könnten Verstöße geahndet werden, anders als bisher. Der Ausschuss hinterfragt zudem grundsätzlich, wieso so viele Studien und Gutachten für die Regierung nötig sind: „Die öffentliche Verwaltung sollte mit genügend Eigenkompetenz ausgestattet sein. Wo sie dies nicht ist, ist diese Kompetenz mit eigenem Personal herbeizuführen.“ (mz)