"Meile der Demokratie" "Meile der Demokratie" in Magdeburg : AfD will dabei sein das sorgt für Ärger

Magdeburg - Die „Meile der Demokratie“ in Magdeburg ist so etwas wie das Winterfest der Toleranz und Weltoffenheit in der Landeshauptstadt. Alljährlich an einem Tag Mitte Januar treten mehr als hundert Vereine, Parteien und Initiativen für mehr Vielfalt, gegen Hass, Rassismus und Diskriminierung ein.
Doch ausgerechnet das bevorstehende Jubiläum - am 20. Januar 2018 findet die 10. Auflage statt - ist seit Wochen von Streit überschattet. Nach dem Verein „Miteinander“, der seit Jahren Projekte gegen Rechtsextremismus organisiert, hat jetzt auch der Landesverband des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes seine Teilnahme abgesagt.
Beide stoßen sich an der Beteiligung der AfD an der Meile - sie wollen nicht gemeinsam mit den Rechtspopulisten auftreten. Man wolle „nicht in einer Reihe mit einer Partei stehen..., die demokratie- und menschenfeindliche Positionen vertritt, die Hass und Rassismus verbreitet und die unsere deutsche Geschichte nach völkisch nationalistischem Muster bewerten will“, heißt es in einer Erklärung des Wohlfahrtsverbandes. Von der AfD ist darin nicht explizit die Rede - offenbar geht man davon aus, dass jeder weiß, wer gemeint ist. Auf Nachfrage wollte sich der Verband am Donnerstag nicht äußern.
„Miteinander“ hatte sich schon im November zurückgezogen. „Eine Veranstaltung gegen Rechts gemeinsam mit Rechten ergibt keinen Sinn“, sagt Vereinsgeschäftsführer Pascal Begrich. Das bedeute eine „Normalisierung“ rechter Positionen, „das wollen wir nicht unterstützen“. Es gebe genügend andere Gelegenheiten, zu denen man sich mit der AfD auseinandersetzen könne und müsse, etwa beim Sachsen-Anhalt-Tag oder bei Podiumsdiskussionen von Parteien.
Doch bedient der Verein nicht genau damit die Interessen der AfD, die sich nun als Opfer darstellen kann, als unerwünscht? „Die AfD behauptet stets und ständig, sie werde ausgegrenzt“, sagt Begrich. In diesem Fall sei das aber absurd: „Die Partei kann ja an der Meile teilnehmen.“ Ihr dies zu verwehren, sei nicht gelungen, bedauert er.
Magdeburger Meile der Demokratie wird zum Streitfall
Dennoch: Die Absagen wirken wie Wasser auf die Mühlen der AfD, deren Reaktion fällt erwartungsgemäß aus. Landeschef André Poggenburg erklärte, der Paritätische Wohlfahrtsverband ziehe es vor, „eine demokratisch gewählte Partei und zugleich ihre Wähler auszugrenzen“. Den Verein „Miteinander“ nennt Poggenburg „zutiefst undemokratisch“, in einem Facebook-Post hatte er ihn als „linksradikal“ bezeichnet. Der Verein betreut unter anderem Opfer rechtsextremer Gewalt und beobachtet intensiv die rechte Szene. Er wird mit öffentlichen Mitteln gefördert und ist der Partei schon lange ein Dorn im Auge.
Cornelia Habisch von der Landeszentrale für Politische Bildung, die als Mitveranstalter der „Meile der Demokratie“ auftritt, hält die Absage für unglücklich. Sie verstehe zwar die Argumente, sagt sie, „doch wenn alle so handeln würden, würde das bedeuten, dass die Veranstaltung am Ende ausfallen müsste“. Das müsse man bedenken, „wenn man Verantwortung übernehmen will“. Die AfD wieder auszuladen, sei nicht möglich. „Wir müssen uns an das Neutralitätsgebot halten.“ Die Alternative sei deshalb gewesen, die Meile komplett ausfallen zu lassen. Das habe man verworfen.
Streit um die Beteiligung der AfD wird Thema bleiben
Nach Angaben der Organisatoren haben sich bisher rund 40 Vereine und Initiativen angemeldet, darunter sind 20 Schulen. „Das motiviert uns“, sagt Habisch. Erfahrungsgemäß meldeten sich viele Teilnehmer erst im Januar an, nach dem Weihnachtstrubel, sagt Birgit Bursee von der Freiwilligen-Agentur Magdeburg.
Fest steht: Der Streit um die Beteiligung der AfD wird die Veranstalter noch lange beschäftigen. Welche Konsequenzen die Auseinandersetzung haben wird, ist offen, doch dass es welche geben wird, ist klar. „Wenn die Meile vorbei ist, werden wir uns zusammensetzen und beraten, wie es weitergeht in Magdeburg“, sagt Habisch.
Über neue Organisationsformen und Formate denken die Organisatoren schon länger nach. Auch, weil die Gegner nicht mehr sichtbar auftreten. Entwickelt hatte sich die Meile der Demokratie seit 2009 aus Protesten gegen den alljährlichen Neonazi-Aufmarsch in Magdeburg.
Lange versuchten Rechtsextremisten, den Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs am 16. Januar 1945 für sich zu vereinnahmen - ähnlich, wie jedes Jahr am 13. Februar in Dresden. Doch im Januar dieses Jahres blieben die Neonazis aus. Auch für 2018 ist noch keine Demo des rechtsextremen Lagers geplant. (mz)