Immer mehr kleine Waffenscheine Kommentar zum Schreckschusswaffen-Trend: Selbstjustiz ist keine Lösung
Immer mehr Sachsen-Anhalter beantragen einen kleinen Waffenschein zum Tragen von Schreckschusswaffen. MZ-Redakteur Jan Schumann warnt vor dem gefährlichen Trend: Selbstjustiz ist keine Lösung, kommentiert er.

Magdeburg/MZ - Diese Entwicklung scheint kein Ende zu nehmen: Seit Jahren steigt die Zahl der Sachsen-Anhalter, die sich bei Behörden einen kleinen Waffenschein ausstellen lassen. Besaßen vor zehn Jahren noch 5.000 Menschen eine solche Waffenerlaubnis, sind es heute gut 18.000. Eine gute Entwicklung ist das nicht. Im Gegenteil, sie ist Grund zur Sorge.
Offenkundig ist es so, dass viele Menschen im Land ein wachsendes Bedürfnis nach Selbstschutz haben, das Sicherheitsgefühl wackelt offenbar in Teilen der Bevölkerung. Einerseits ist das für die Politik ein nicht zu ignorierendes Warnsignal – andererseits muss man dieses Gefühl aber auch stets mit der Wirklichkeit abgleichen.
Kriminalität geht im Langzeittrend zurück - trotzdem gibt es Unsicherheit
Denn: Das Leben in Deutschland war selten so sicher wie heute, das zeigen die Kriminalitätsstatistiken im langfristigen Trend. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer schweren Straftat zu werden, ist gering. Richtig ist aber auch, dass es in den vergangenen Jahren eine Häufung eben solcher Straftaten gab, die das Sicherheitsgefühl in Deutschland erschüttern können – etwa Anschläge auf Großveranstaltungen und Angriffe mit Messern. Diese Taten bilden zwar nur einen sehr kleinen Teil aller Delikte ab – doch sie wirken öffentlich.
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Zigfach verstärkt wird dies noch durch Medienkonsum – vor allem durch emotional aufwühlende Beiträge in sozialen Internetnetzwerken, die für viele Menschen zum Fenster zur Welt geworden sind. Diese Onlinemedien bergen die Gefahr, die Welt irgendwann mit verzerrtem Blick zu sehen.
Griff zur Schreckschusswaffe ist der erste Schritt zur Selbstjustiz
Die Lösung gegen Gefühle der Unsicherheit ist keinesfalls der Griff zu Waffe: Denn dies ist der erste Schritt zur Selbstjustiz, die erst recht gefährlich ist. Schon jetzt werden frei verkäufliche Schreckschusswaffen auch für Straftaten verwendet. Sie sind eine Gefahr, auch ohne scharfe Patronen. Stattdessen ist es die Aufgabe der Politik, ein Gefühl von Sicherheit auszustrahlen. Und dort sichtbar für Ordnung zu sorgen, wo es notwendig ist.