Kommentar Fackelaufzug zu Halberstadts Oberbürgermeister: Nazi-Methoden im Harz
Der Übergriff von Impfgegnern auf Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarat (CDU) zeigt eine gefährliche Radikalisierung.
Ausgerechnet Daniel Szarata. Kein Politiker in Sachsen-Anhalt ist Coronaleugnern und Impfgegnern offener begegnet, als der Halberstädter Oberbürgermeister. Der Harzer CDU-Politiker hat sich nicht versteckt, stattdessen hat er sich unter anderem zusammen mit Medizinern auf dem Halberstädter Domplatz der Diskussion gestellt.
Das wird ihm jetzt gedankt, indem „Spaziergänger“ mit Fackeln und Tröten vor sein Haus ziehen, ihn und seine Familie belagern, bedrohen und bedrängen. Dieser Übergriff ist leider keine Überraschung, derlei ist bereits in anderen Bundesländern passiert, es war nur eine Frage der Zeit, bis das auch hier geschieht. Die „Spaziergänger“ treten zwar auf der Stelle und erhalten derzeit keinen weiteren Zulauf, aber es findet eine Radikalisierung statt.
Die ,Spaziergänger´ treten zwar auf der Stelle und erhalten derzeit keinen weiteren Zulauf, aber es findet eine Radikalisierung statt.
Kai Gauselmann, stellvertretender MZ-Chefredakteur
Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) hat anfangs die Mehrheit der „Spaziergänger“ als überwiegend „bürgerliches Klientel“ identifiziert. Spätestens seit Halberstadt sollte aber klar sein, dass diese Einschätzung nicht zu halten ist. So gezielt und massiv einen Politiker einzuschüchtern, indem man in seine Privatsphäre eindringt, hat nichts mit bürgerlichen Werten zu tun. Das sind Nazi-Methoden - und das sind sie auch unabhängig davon, ob die Teilnehmer polizeibekannte Rechtsextremisten waren oder nicht. Wer sich so verhält, will nicht diskutieren, sondern seine Minderheitenposition brutal gegen die Mehrheit durchdrücken.
Man darf gespannt sein, ob Ministerin Zieschang sich nun nur „entschieden“ gibt oder tatsächlich klare Kante zeigt. Die Demokratie ist nur so stark wie die sie tragenden Demokraten. Hoffentlich muss es nicht erst so weit kommen, dass Politiker tätlich angegriffen - oder sogar getötet werden, wie der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke.
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