Kommentar Europawahl in Sachsen-Anhalt: Eine Ohrfeige für Olaf Scholz
Die Europawahl 2024 endet mit einer schweren Niederlage für Olaf Scholz und die Ampel-Koalition. SPD, Grüne und FDP haben massiv an Vertrauen verloren. Das hat die Regierung selbst zu verantworten, kommentiert Kai Gauselmann.
Halle (Saale)/MZ. - Das Ergebnis der Europawahl in Deutschland ist eine schwere Niederlage für Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Die Wähler haben mehrheitlich bei rechten Parteien ihr Kreuz gemacht.
Und: Insgesamt ist die Union zwar die Wahlsiegerin – aber Ostdeutschland ist blau. Die AfD ist hier meist deutlich vor der CDU die stärkste politische Kraft geworden bei der Europawahl.
Warum die Ampel massiv an Rückhalt verloren hat
Die Ampel-Parteien kommen zusammen nur auf etwas mehr als 30 Prozent der Stimmen und haben keine Mehrheit für ihre Politik. Diesen massiven Verlust an Rückhalt und Vertrauen hat die Ampel durch chronischen Parteienstreit, die dilettantische Umsetzung wichtiger politischer Vorhaben wie das Heizungsgesetz sowie eine schwache politische Führung selbst zu verantworten.
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Im Osten liegt die AfD vorn
Für CDU und CSU eigentlich eine Steilvorlage, ihre Stimmengewinne fallen aber überschaubar aus. In Ostdeutschland hat die AfD bei den Europawahlen die CDU sogar überflügelt.
Soweit die Ergebnisse der Kommunalwahlen derzeit abschätzbar sind, liegt dabei wiederum die CDU vorn. Bei Kreistags-, Stadtrats- und Gemeinderatswahlen kommt es auf die Kandidaten vor Ort sowie die lokale und regionale Politik an, weniger auf nationale und internationale Themen.
Was für die Wähler entscheidend war
Bei der Europawahl waren laut ARD-Umfrage für die Wähler diese Themen entscheidend: Friedenssicherung, Soziale Sicherheit und Zuwanderung. Da finden sich viele ostdeutsche Wähler vor allem bei AfD und BSW statt der CDU wieder. Bedenklich, dass es vielen Menschen mittlerweile offenbar egal ist, dass die AfD nicht nur in Sachsen-Anhalt als rechtsextremistisch eingestuft ist.
Eiertanz um die Ukraine-Unterstützung
Die Bundesregierung hat es versäumt, den populistischen Forderungen durch eine gute Politik den Nährboden zu entziehen. Seinen hellsten Moment hatte Scholz, als er im Bundestag nach dem russischen Überfall auf die Ukraine das 100-Milliarden-Programm für die Bundeswehr verkündete und souverän der Aggression entgegen trat.
Seitdem hat sich die Ampelkoalition aber einen andauernden Eiertanz um die Unterstützung der Ukraine geliefert. Erst geht die Lieferung bestimmter Waffen gar nicht, dann gibt es ein Gezerre zwischen den drei Parteien und dann wird doch geliefert. Ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht.
Die Regierung hat die Länder und Kommunen hängen gelassen
Und auf eine starke Inflation folgte nun eine anhaltende Wirtschaftsschwäche. Zweifel wachsen, ob das alte bundesrepublikanische Wohlstandsversprechen noch gilt. Und bei der Zuwanderung hat die Bundesregierung die Länder und Kommunen lange hängen lassen.
Der Ruf von Olaf Scholz am Freitag nach einem schärferen Asylkurs wirkte wie der Versuch, in letzter Sekunde den Schaden zu begrenzen. Zu spät, zu wenig. Die SPD hat im Wahlkampf großflächig mit Olaf Scholz geworben. Jetzt müssen die Sozialdemokraten damit leben, dass die Pleite als Ohrfeige für den Kanzler gewertet wird.
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Nicht nur die SPD muss sich nun warm anziehen. Dieser Wahlsonntag ist ein wichtiges Stimmungsbild für die anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen.
Ändert sich die politische Stimmung nicht schnell und grundsätzlich, machen vor allem in den beiden Freistaaten die CDU und die AfD allein unter sich aus, wer die stärkste Kraft wird und – weit abgeschlagen dahinter – müssen die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP um den Wiedereinzug in die Landtage bangen.
Das droht den Linken vielleicht dank Bodo Ramelow nicht in Thüringen, ansonsten ist das BSW aber offenbar gerade erfolgreich dabei, die einstige große ostdeutsche Partei zu erledigen.