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Kommentar zur Personalnot auf Stellwerken Der Bahn fehlt ein Plan

In einem Jahr will die Deutsche Bahn genügend Personal für ihre Stellwerke haben. Warum daran Zweifel erlaubt sind.

Von Alexander Schierholz 04.10.2024, 18:00
Warum sollte der Bahn in einem Jahr gelingen, was ihr in elf Jahren nicht gelungen ist?, fragt sich unser Kommentator.
Warum sollte der Bahn in einem Jahr gelingen, was ihr in elf Jahren nicht gelungen ist?, fragt sich unser Kommentator. (Foto: MZ / Stedtler)

Halle/MZ - Erinnert sich noch jemand an Mainz im Sommer 2013? Wenn es um den Personalmangel bei der Deutschen Bahn geht, verweisen Kritiker des Konzerns in diesen Wochen gerne und zu Recht auf die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz. In jenem Sommer war Mainz über Tage vom Schienenverkehr so gut wie abgekoppelt, weil im Stellwerk Fahrdienstleiter fehlten.

Man mag Mainz damals als bedauerlichen Einzelfall abgetan haben. Tatsächlich war die Situation vor elf Jahren schon schlecht. Jetzt ist sie noch schlechter. Aber wie schlecht eigentlich? Wie viele Fahrdienstleiter fehlen heute, in Mainz, zwischen Halle und Kassel und anderswo? Gefragt nach dem Ausmaß des Problems, war die Bahn mit konkreten Angaben bisher eher zurückhaltend.

Personalnot auf Stellwerken: Zwangsgelder dürften die Bahn nicht beeindrucken

Dank eines von Zugbetreibern angestrengten Beschwerdeverfahrens bei der Bundesnetzagentur liegen nun immerhin Zahlen vor, die eine Orientierung erlauben. Demnach wird die Bahn ihren Personalbedarf erst in einem Jahr decken können. Was konkret bedeutet: zu 100 Prozent. In Sachsen-Anhalt liegt die Quote derzeit bei 98 Prozent. Zum Vergleich: Die Unterrichtsversorgung im Land erreicht 94 Prozent, immerhin strebt die Koalition aber 103 Prozent an, also eine Reserve für erkrankte Lehrer.

So ambitioniert ist die Bahn offenbar erst gar nicht. Warum auch, dürfen doch schon am 100-Prozent-Ziel Zweifel angemeldet werden: Warum sollte der Konzern in einem Jahr erreichen, was ihm in den elf Jahren seit 2013 nicht gelungen ist? Die von der Bundesnetzagentur angedrohten Zwangsgelder dürften die Bahn nicht beeindrucken: Sie hat im ersten Halbjahr 2024 einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro eingefahren; maximal eine knappe halbe Million Euro zusätzlich fällt da nicht ins Gewicht. Zudem wären die Strafen wirkungslos: Davon wird kein einziger Fahrdienstleiter früher mit der Ausbildung fertig. Die Bahn hat zwar Zahlen vorgelegt. Was ihr fehlt, ist ein Plan.