Berateraffäre um Bullerjahn Berateraffäre im Finanzministerium Sachsen-Anhalt: Hat Ex-Finanzminister Bullerjahn mit Schädlich Geschäfte gemacht?
Magdeburg - Die Zeugin plaudert munter drauflos, gelegentlich muss sie lächeln, wenn ein Abgeordneter in seiner Frage den Namen eines Ministerialbeamten verwechselt.
Dann aber macht die Referatsleiterin aus dem Finanzministerium dicht. Nein, über die Freundschaft zwischen Ex-Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) und dem halleschen Instituts-Eigentümer und HFC-Präsidenten Michael Schädlich möchte sie nicht reden, gar nicht.
Erst als Ausschussvorsitzender Florian Philipp (CDU) darauf besteht, berichtet die Beamtin dann doch von einer bemerkenswerten Begebenheit. Anfang 2015, erfahren die Mitglieder des Untersuchungsausschusses, machte sich eine Delegation des Finanzministeriums dienstlich auf den Weg nach Wien, angeführt von Bullerjahn. Mit dabei: dessen Frau. Und Michael Schädlich. Und dessen Frau.
Berateraffäre im Finanzministerium: Freundschaft vereinzelt bekannt gewesen
Die Freundschaft zwischen dem Politiker und dem Unternehmer interessiert den Untersuchungsausschuss, weil Schädlich als Chef des halleschen Instituts ISW 2013 von Bullerjahns Ministerium am Parlament vorbei einen millionenschweren Auftrag erhalten hat.
Wusste man im Ministerium von dieser Freundschaft?, will der Grünen-Abgeordnete Olaf Meister wissen. Die Beamtin guckt pikiert. „Vereinzelt“, sagt sie dann.
Am Freitag hat der Untersuchungsausschuss im Magdeburger Landtag zum ersten Mal Zeugen befragt. Auch ein weiterer Referatsleiter aus dem Finanzministerium muss aussagen. Es gelten scharfe Regeln: Die Vorgeladenen müssen wahrheitsgemäß und vollständig berichten. Notfalls können sie vereidigt werden.
Berateraffäre im Finanzministerium: Wie hat die Referentin vom Vertrag erfahren?
Die Abgeordneten versuchen herauszufinden, wie genau der ISW-Deal eingefädelt wurde. Akten legen nahe, dass schon sehr früh feststand, wer den Auftrag für eine mehrjährige „wissenschaftliche Begleitung der Landespolitik“ bekommen sollte.
Eine E-Mail der vorgeladenen Referatsleiterin ist sehr deutlich. Am 11. Juni 2013 bittet sie, man möge ihr „den neuen Vertrag mit der IB zur Verfügung stellen, mit denen wir über die IB das ISW beauftragen“.
Die Investitionsbank (IB) war Mittlerin in diesem Geschäft. Die Frage ist: Wie konnte eine Ministerialbeamtin von einem solchen Vertrag wissen, wenn der Auftrag offiziell erst Monate später europaweit ausgeschrieben wurde?
Berateraffäre um Bullerjahn und Schädlich: Ein seltsames Gefecht
Von einem abgekarteten Spiel wollen allerdings beide Befragten nichts wissen. In der E-Mail sei es um einen alten Vertrag mit dem ISW aus dem Jahr 2009 gegangen, beteuern beide.
Die Abgeordneten können nicht glauben, was sie hören - immerhin ist ausdrücklich von einem „neuen Vertrag“ die Rede. Die Zeugen bleiben bei ihrer Version. Keiner von beiden belastet einen Vorgesetzten oder die damalige Hausspitze.
Was von der Vernehmung bleibt, ist das Bild eines seltsamen Geflechts. Der Referatsleiter, ein SPD-Mitglied, räumt ein, dass er keinen einzigen Kollegen duzt - außer Bullerjahn und dessen damaligen Staatssekretär Jörg Felgner (beide SPD).
Berateraffäre im Finanzministerium: Bullerjahn geht nicht auf Fragen ein
Wen noch? ISW-Inhaber Schädlich und einen von dessen leitenden Mitarbeiter. Eher beiläufig erfahren die Abgeordneten, dass Felgner dem Ministerialrat im Juni 2013 eröffnete, er werde seinen Posten als Referatsleiter wohl verlieren.
Das passiert dann doch nicht. Stattdessen bekommt er wenige Tage später eine Besoldungserhöhung. Wofür? Hatte man ihn unter Druck gesetzt? „Nein“, beteuert der Beamte.
Ex-Minister Bullerjahn will Fragen zur rätselhaften Wien-Reise nicht beantworten. Er lässt aber auf MZ-Nachfrage ausrichten, dass er für sich und seine Frau selbst bezahlt habe. Warum war Schädlich dabei? Das Finanzministerium verspricht Aufklärung. In der kommenden Woche.
(mz)