Helfer auf vier Pfoten Assistenzhunde: Wie Hunde Schwerkranken durchs Leben helfen

Magdeburg - Fay ist neun Monate alt und eine weiße Collihündin. Fay ist ein Hunde-Lehrling. An diesem windigen und kalten Tag ist sie mit ihrer Trainerin Christina Jakobs in Magdeburg auf dem Breiten Weg unterwegs.
Eines Tages soll Fay ihren Schützling - einen Patienten mit einem Posttraumatischen Belastungssyndrom (PTBS)- begleiten und ihm Halt geben.
An diesem Tag steht Training im Supermarkt auf dem Stundenplan. Die Kunststoff-Decke, die Fay auf dem Rücken trägt, weist sie als Assistenzhund in Ausbildung aus. „In Lebensmittelgeschäfte dürfen Assistenzhunde mit hinein, aber häufig stößt das auch auf Abwehr“, sagt Jakobs.
Assistenzhunde dürfen auch in Supermärkte
Im Laden soll Fay an den Regalen ihren Schützling absichern und sich nähernde Menschen anzeigen. „Check“, ganz leise kommt das Kommando von der Trainerin. Sofort stellt sich Fay quer hinter sie und schirmt sie ab vor zu viel Nähe.
Das ist auch an der Kasse wichtig. „Hier soll sie sogar auf Kommando ein warnendes Bellen hören lassen, falls jemand zu dicht aufrückt“, erläutert Jakobs.
Wenn Fay mit ihren zwei Jahren Ausbildung fertig ist, kann sie ihren Schützling trösten und ihm Sicherheit heben, damit er sich aus dem Hause traut. Die Hundedame kann im Notfall sogar die richtigen Medikamente aus der Tasche holen, wenn die Panik-Attacke kommt.
„PTBS Assistenzhunde wecken ihre Menschen auch aus Alpträumen auf“, sagt Jakobs, die seit 2012 eine eigene Hundeschule hat und in Kooperation mit der Akademie für Assistenzhunde Helfer auf vier Pfoten ausbildet. Sie ist Hunde-Verhaltenstherapeutin.
Für Fay, die ruhig und ausgeglichen ihre Trainerin durch das Gedränge im Supermarkt begleitet hat, geht es draußen weiter. Denn sie soll Ausgänge finden, wissen, wo das Auto steht und wie es zu Fuß nach Hause geht.
„Such Bank“, kommt es von Jakobs. Und Fay eilt los. Sie sucht und findet eine Bank zum Verschnaufen. Für jede gute Aktion wird sie mit Futter belohnt.
„Die Ausbildung beginnt mit acht Wochen“, sagt Jakobs. Die Jungtiere leben dann zunächst in einer Patenfamilie, die mit der Trainerin zusammenarbeitet. Die zukünftige Familie besucht das Tier und wird später dann auch in das Training einbezogen.
Wie ein Assistenzhund einem Autisten helfen kann
Der 20-jährige Tim gehört zu den Glücklichen, um die sich ein Assistenzhund kümmern wird. Er lebt mit seiner Familie in dem niedersächsischen Ort Landesbergen. Regelmäßig fährt er mit seiner Mutter nach Eckernförde in Schleswig-Holstein, wo die zehn Monate alte Labrador-Hündin Lilly bei der Patenfamilie lebt, betreut und trainiert von der Gründerin der Akademie für Assistenzhunde, Kati Zimmermann.
Am 1. März 2019 soll Lilly zu Tim umziehen. Er leidet an Asperger-Autismus und Epilepsie, hat Angst- und Zwangsstörungen.
Familie Rodemeyer setzt große Hoffnung auf den Hund. „Wir sehen das als die letzte Chance, Tim in die Gesellschaft zurückzuholen“, sagt seine Mutter Anja. Sie sieht schon jetzt Fortschritte bei Tim. „Wenn er mit Lilly zusammen ist, beginnt er sich zu öffnen. Wir waren zusammen auf dem Weihnachtsmarkt und im Café“, sagt sie. Daran war sonst gar nicht zu denken.
Assistenzhunde sind wahre Tausendsassas. Während ihre Kollegen bei der Polizei wahre Wunder bei der Suche nach Spuren, Menschen oder Gegenständen vollbringen, können die Assistenten den Diabetiker warnen, wenn mit dem Insulinspiegel etwas nicht stimmt oder wenn ein epileptischer Anfall naht.
Bei Menschen mit körperlichen Einschränkungen ersetzen sie motorische Fähigkeiten, sie holen das Telefon oder machen das Licht an. Wohl am bekanntesten ist der Blindenführhund, der als Hilfsmittel anerkannt ist und in der Regel von den Kassen bezahlt wird.
Bei den Assistenzhunden ist das nicht so. In manchen Fällen helfen Spender oder Stiftungen, weiß Jakobs. Ansonsten muss das Geld privat aufgebracht werden. Und so eine zweijährige Ausbildung kann einen Hund bis zu 30 000 Euro teuer machen. Familie Rodemeyer wird für Lilly 25 000 Euro bezahlen.
In Deutschland gibt es mehrere Anbieter, die sich mit der Ausbildung dieser speziell geschulten Tiere befassen. So das Deutsche Assistenzhunde-Zentrum. Der Assistenzhunde Deutschland e.V. befasst sich laut Homepage mit der Vermittlung und Finanzierung von Assistenzhunden.
Der Deutsche Tierschutzbund regt an, Ausbildung und Arbeit mit Assistenzhunden möglichst auf einheitliche Standards zu stellen. So wäre es möglich, die Westen der Hunde zu kennzeichnen, wenn sie aus Ausbildungsstätten stammten, die nach derartigen Standards arbeiteten. Einheitliche Standards wären vor allem auch wichtig, damit die Ausbildung mehr Anerkennung und Wertschätzung erfährt, erklärten die Tierschützer. (mz/dpa)