Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Viele scheitern am «Hundeführerschein»
Magdeburg/Halle (Saale)/dpa. - Auch drei Jahre nach Inkrafttreten desGesetzes zum Umgang mit gefährlichen Hunden sorgen Kampfhunde inSachsen-Anhalt für viel Arbeit - bei Polizei, Ordnungsämtern und inTierheimen. Das ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Rund270 Anträge auf einen umgangssprachlich als Hundeführerscheinbezeichneten Sachkundenachweis wurden bisher vom Landesverwaltungsamtbearbeitet. 189 Hundehalter haben die Prüfung in Theorie und Praxisbestanden (2011: 116; 2010: 73), wie eine Sprecherin der Behörde inHalle mitteilte. 77 Männer und Frauen, die nachweisen müssen, dasssie einen gefährlichen Hund halten und führen können, sinddurchgefallen oder haben die Prüfung noch nicht geschafft.
«Vier Besitzer sind definitiv durchgefallen, sie dürfen ihren Hundnicht mehr halten», sagte die Sprecherin. Für dieses Jahr liegenbereits 26 Anmeldungen vor. Einen «Hundeführerschein» müssen auchBesitzer von sogenannten Vorfallshunden, wie es im Amtsdeutsch heißt,erbringen. Sprich: der Hund hat tatsächlich zugebissen. So wurde erstEnde Januar in Magdeburg ein Fünfjähriger von einemKampfhund-Mischling im Gesicht schwer verletzt. Das Kind kam in dieKlinik, der Hund ins Tierheim.
Hunde, denen der Gesetzgeber unterstellt, dass sie von der Rasseher gefährlich sind («Vermutungshund»), müssen zum Wesenstest. «Dabeimuss der Hundehalter nachweisen, dass der Hund zu sozialverträglichemVerhalten in der Lage ist», sagte die Sprecherin desLandesverwaltungsamtes. Doch so ein Test, den der Vierbeiner - daskann auch ein Pudel oder Schäferhund sein, so die Sprecherin - voreinem vom Innenministerium anerkannten Sachverständigen abgelegtmuss, ist nicht billig. Daher ist für so manchen Hund das Tierheimdie Endstation, weil für den Halter die Kosten für den Wesenstestoder auch für seine eigenen «Zulassung» zu hoch sind, wie Betreiberund Tierschützer berichten.
Die Realität ist: «Kampfhunde sind Sitzenbleiber», sagte HartmutKnauth vom Tierschutzverein Quedlinburg. In dessen Heim leben derzeitvier Staffordshire-Terrier - mit hoher Wahrscheinlichkeit aufLebenszeit - im Zwinger hinter Gittern. «Vor allem Jugendliche, diemit den Tieren angeben wollen, interessieren sich für diese Hunde»,erklärte Knauth. Diese kämen als Besitzer aber meist nicht infrage,da sie auch die Unterhaltskosten für die Tiere nicht tragen können.Dazu gehören die Haftpflichtversicherung für den Hund, Futter undTierarztkosten. Allein für die Steuern müssten rund 700 Euro im Jahrin der Harzstadt bezahlt werden, sagte er. Ein Wesenstest kostet etwa400 Euro.
«Die Vermittlungschancen sind dementsprechend schlecht» sagte einSprecher des Tierheims in Halle, wo auch Kampfhunde auf einartgerechtes Zuhause und geeigneten Besitzer warten. Im TierheimMagdeburg leben 22 Kampfhunde, unter anderem Pitbull-Terrier,American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier undBullterrier. Tierschützer sehen die Probleme indes aus einem anderenBlickwinkel. Statt Besitzern durch Tests ihre Tiere zu entziehen undin Tierheime zu stecken, müsse bei den Züchtern angefangen werden.Die Hunde seien nicht von Grund auf aggressiv, sie würden so erzogen,meinte eine Sprecherin des Tierschutzvereins Halle.
Aber auch Kreuzungen von Rassen, die als gefährlich eingestuftwurden, sitzen in den Zwingern der Tierheime. «Einige sind bereitsseit 2007 dort», sagte Michael Reif, Sprecher der StadtMagdeburg. Teilweise wurden die Tiere auf der Straße gefunden odervom Ordnungsamt sichergestellt. Allein in der Stadt Halle sindderzeit den Angaben zufolge 135 gefährliche Hunde registriert, davon120 aufgrund ihrer Rasse. 15 waren auffällig geworden, teils habensie sogar zugebissen.