Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Massive Matheversagen bei den Abi-Prüfungen
Magdeburg - Die Tinte auf den Klausurblättern war kaum getrocknet, da wurden nach dem Mathe-Abitur 2014 schon die ersten Klagen laut. „Eindeutig zu hart“, stöhnten betroffene Schüler. Und Jürgen Ruscher, Rektor des Herder-Gymnasiums in Merseburg (Saalekreis), monierte: „Die Aufgaben waren einen Zacken schärfer als in der Vergangenheit.“ Selbst gute Schüler hätten Probleme gehabt, die Aufgaben in der geforderten Zeit zu schaffen. Damals hatte das Land die Klagen abgewimmelt - doch jetzt ist klar: Alles Jammern war berechtigt. Die zentrale schriftliche Matheprüfung war die schlechteste seit 2006.
In der Oberstufe gibt es keine Noten, sondern Punkte. Null entsprechen ungenügend, 15 einem Sehr gut plus. 2014 ergaben die Prüfungen einen Mittelwert von 6,89 Punkten, der schlechteste Wert seit 2006 (6,47). Auf dem Grundkursniveau lag der Durchschnitt nur bei 5,57 Punkten, ebenfalls der schlechteste Wert seit 2006. Außerdem stieg der Anteil der Schüler, die nicht einmal ein glattes Ausreichend erzielten, deutlich an: Von 1 002 Prüflingen (24,9 Prozent) im Vorjahr auf 1 512 (34,6 Prozent) - der schlechteste Wert seit - man ahnt es schon - 2006. In jenem Jahr gab es auch schon einmal eine massenhafte Klage nach der Mathe-Prüfung. Damals bot sich eine plausible Erklärung für das lausige Abschneiden an: Im Vorjahr war Mathe erstmals verpflichtend für alle Schüler geworden. Aber welche Erklärung gibt es jetzt?
Sturm der Entrüstung - auch von Mathelehrern
Vom Kultusministerium: Keine. Denn da wird kein Problem gesehen. „Die Durchschnittpunktzahl schwankt von Jahr zu Jahr“, erklärte Ministeriumssprecher Martin Hanusch. Er verwies darauf, dass die Aufgaben von einer Kommission aus „sechs erfahrenen Schulpraktikern“, einem Hochschullehrer und einer Vertreterin des Landesinstituts für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (Lisa) entworfen würden. Die Kommission habe den Anspruch nicht verändert und halte sich an bundesweite Vorgaben und die landeseigene „Rahmenrichtlinie Mathematik“. Unterm Strich sei die Prüfung angemessen gewesen.
Also alles gut? „Da ist etwas schiefgelaufen“, sagt hingegen Jürgen Mannke, Landesvorsitzender des Philologenverbandes. Es habe zurecht schon im Sommer einen „Sturm der Entrüstung“, auch von Mathe-Lehrern, wegen der Prüfung gegeben. Die Aufgaben selbst seien zwar „machbar“ gewesen, so Mannke, dessen Verband die Gymnasiallehrer vertritt. „Es kamen aber zu viele nicht-glatte Zahlen heraus, mit vielen Stellen hinter dem Komma. Das hat es unnötig verkompliziert und die Schüler verwirrt“, so Mannke. Viele Schüler hätten wegen der krummen Ergebnisse vermutet, Fehler gemacht zu haben und seien nervös geworden. „Und Nervosität kann man in einer Prüfungssituation nicht gebrauchen.“ Nachrechnen kann man die Aufgaben nicht. Auf MZ-Nachfrage lehnte das Ministerium die Herausgabe der Aufgabe mit Verweis auf Vorgaben der Kultusministerkonferenz ab.
Die Opposition im Landtag sieht im massenhaften Matheversagen auch eher ein grundsätzliches Problem. „Es ist erschreckend, wie viele Schüler unter fünf Punkten geblieben sind“, kritisierte Monika Hohmann (Linke), selbst Lehrerin. Sie will das Abi-Anforderungsniveau im Land nun insgesamt hinterfragen. „Wir werden das Problem aufrollen.“ Claudia Dalbert (Grüne) äußerte sich ähnlich: „Das ist auch eine politische Herausforderung: Wie können wir die Schulen dabei unterstützen, dass sie auch die Jugendlichen, die eigentlich Mathematik abwählen würden, zum Erfolg führen.“ (mz)