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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Hausarzt - dringend gesucht

Von DOROTHEA HECHT 09.08.2009, 18:00

SCHKOPAU/MZ. - Trotzdem sagt die 68-Jährige: "Ich wollte eigentlich schon vor drei Jahren in Rente gehen." Doch dafür hätte sie für ihre Arztpraxis in Schkopau (Saalekreis) einen Nachfolger gebraucht, und den zu finden, schien unmöglich. Die Praxis einfach aufzugeben - das kam nicht in Frage. Also inserierte Donath im Ärzteblatt, sprach Kollegen an und veröffentlichte ihre Anzeige schließlich auch im Online-Portal der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Über diese Praxisbörse wurde sie schließlich selbst gefunden - von Sibylle Böttcher, einer Allgemeinärztin aus Teutschenthal.

Bindung an Patienten

Diese hatte Schkopau erst einmal gar nicht auf der Rechnung. Sie habe den Ort bisher vor allem mit dem Chemiepark in Verbindung gebracht, sagt die 40-Jährige. Ein Telefonat mit Monika Donath und das erste Treffen änderten diese Einstellung allerdings schnell. "Ich habe hier genau das gefunden, was ich haben wollte", sagt Böttcher heute, die seit langem auf der Suche nach einer eigenen kleinen Praxis war. Mit ihrer bisherigen Tätigkeit in der Rehabilitationsklinik in Bad Kösen (Burgenlandkreis) war sie nicht mehr zufrieden. "Zu unpersönlich" sei die Arbeit gewesen. In der eigenen Praxis hofft sie auf eine engere Bindung zu den Patienten.

Diese Einstellung würde sich Martin Wenger von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt häufiger wünschen, denn viele Allgemeinmediziner ziehen eine Praxis in einer Kleinstadt oder auf dem Land überhaupt nicht in Erwägung. Und das hat in mancher Region dramatische Folgen: Allein im Altkreis Merseburg-Querfurt fehlen derzeit für eine 100-prozentige Versorgung elf Hausärzte. "Natürlich ist die Arbeit auf dem Land nicht so attraktiv für junge Leute, der Einzugsbereich ist größer als in der Stadt, es gibt aber weniger Patienten", sagt Wenger.

Dass der Praxisverkauf den niedergelassenen Ärzten einen Teil ihrer Altersversorgung sichere - diese Realität gehöre mittlerweile längst der Vergangenheit an. "Man muss froh sein, überhaupt einen Nachfolger zu finden", sagt Monika Donath, "ich hätte meine Praxis bestimmt irgendwann einfach aufgeben müssen."

Sechs Praxen wurden über die im Mai gestartete Online-Börse bisher vermittelt. "Ein toller Wert", sagt Wenger, der sich bestätigt fühlt, mit dem Internet-Angebot mehr potenzielle Kandidaten zu erreichen. Dass sich die Ärzte auf der Seite zu sehr "entblättern", wie Donath es nennt, findet er nicht. Die Übernahme sei eine Vertrauenssache, der Preis müsse ohnehin individuell ausgehandelt werden, die Übersicht im Netz sei daher nur eine Vorinformation - über Patientenstamm, Größe und Wirtschaftlichkeit.

Dabei ist der Umsatz nicht immer entscheidend. Sibylle Böttcher übernimmt in Schkopau zum Beispiel eine kleine, aber etablierte Praxis mit einem Stamm von etwa 900 Patienten, und das macht den Start einfacher. Trotzdem hat sie Bedenken. "Die betriebswirtschaftliche Seite wird bestimmt eine Herausforderung", sagt sie. Neben den Untersuchungen gehören dann auch Budgetberechnungen zum Tagesablauf. Und das ist neu für sie. Im Medizin-Studium wird dieser Stoff nicht behandelt, spätere Fortbildungen sind immer noch spärlich gesät.

Intensive Werbung

Dennoch hofft Wenger, dass die positiven Entwicklungen überwiegen: "Das erste Quartal war in diesem Jahr sehr gut für die Hausärzte, die Vergütungen der ärztlichen Leistungen sind bis auf vier Prozent an Westniveau herangekommen." Von einer Entwarnung will aber weder die KV noch die Ärztekammer sprechen. Noch so ein gutes Quartal werde es in diesem Jahr nicht geben, ist sich Wenger sicher.

Auch Rüdiger Schöning, ärztlicher Geschäftsführer der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, hat die Nachwuchsprobleme fest im Blick. "Ein Drittel der Studenten kommt gar nicht in der behandelnden Medizin an, und viele siedeln sich andernorts an", sagt er. "Wir müssen noch intensiver werben, um die Leute zu halten." Inzwischen gibt es Stipendien und Sicherstellungszuschläge vom Land Sachsen-Anhalt, bei besonders gravierenden Fällen spricht die KV sogar eine Mindestumsatzgarantie aus. Das sei bisher aber selten passiert, sagt Wenger.

Auch in Schkopau ist es soweit noch nicht. Drei Allgemeinarztpraxen verzeichnet die KV im Ort. Wenn es nun in einer zum Arztwechsel kommt, wollen die Patienten auch der neuen Hausärztin die Treue halten. Im Oktober tritt Sibylle Böttcher offiziell an, bis dahin soll noch renoviert werden, außerdem sucht sie eine zweite Schwester. Aller Schwierigkeiten und manchen Bedenken zum Trotz ist sie sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Das Portal im Internet unter: Sachsen-Anhalt-Praxisbörse