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Wo weniger mehr ist Wo weniger mehr ist: Was ein Striptease-Künstler über seinen wilden Job verrät

Von Diana Dünschel 08.03.2018, 06:00
Striptease-Künstler Patrick Sermond ist zum Frauentag gut gebucht.
Striptease-Künstler Patrick Sermond ist zum Frauentag gut gebucht. Privat

Mücheln - In der Zeit rund um den Frauentag bekomme er so viele Anfragen. Da würde er sich am liebsten klonen können, sagt Patrick Sermond. Der 33-jährige Eisleber - groß gewachsen, graue Natursträhnen im dunklen Haar, muskulös, Sixpack - bietet sich unter dem Künstlernamen „J.P.“ für Striptease-Shows an.

In dieser Branche ist der hauptberufliche Fitnesstrainer offenbar weit und breit der einzige Mann. Für ihn ist das zweifellos ein gutes Geschäft. Laut seinen Angaben ist er praktisch jedes Wochenende im Umkreis von 200 Kilometern um seine Heimatstadt als Entertainer unterwegs wie zum Beispiel diesen Sonnabend in Mücheln. Zu bestimmten Hochzeiten wie Frauentag oder Weiberfastnacht seien mehrere Auftritte an einem Abend keine Seltenheit.

Striptease-Künstler präsentierte sich auf der Loveparade in Berlin

Dass er sich und seinen Körper gern in der Öffentlichkeit präsentiert, habe er vor etwa 15 Jahren bei einer Loveparade in Berlin herausgefunden, sagt Patrick Sermond. Danach bot er sich in Diskotheken als Go-go-Tänzer an. Daraus seien schließlich auch die Strip-Shows entstanden. Vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda kamen immer mehr Auftritte zustande.

Doch heute seien diese Disco-Zeiten vorbei. „J.P.“ konzentriert sich jetzt auf private Feiern wie Junggesellinnen-Abschiede oder Geburtstage, Hochzeiten und Firmenfeiern. Wenn man so etwas mache, müsse man schon eine Rampensau sein, gibt er zu. Trotzdem sei er vor jedem Auftritt immer noch nervös.

Striptease-Künstler: Sein Körper ist sein Kapital

Sein Körper ist sein Kapital. Das weiß der 33-Jährige, der kein Problem hat zuzugeben, dass er eitel ist. Damit er im Geschäft bleibt, achtet er auf Körperpflege und bewusste Ernährung. Vor Shows mit großem Publikum wie jetzt zum Frauentag hält er natürlich Diät. Außerdem trainiert er fünfmal in der Woche im Fitnessstudio und hat so in den vergangenen Jahren 20 Kilo an Muskelmasse zugelegt.

Hohe Ansprüche hat der Eisleber aber auch an das Drumherum seiner Shows. Für Werbefotos lässt er sich professionell ablichten. Und seine Kostüme lässt er in der Schneiderei anfertigen. Als Polizist, im dunklen Anzug als Gentleman oder in der weißen Marine-Uniform werde er gern gebucht, verrät Patrick Sermond. Nach dem erfolgreichen amerikanischen Film über den Stripper „Magic Mike“ habe er sich zudem gerade eine neue Show als Bauarbeiter aufgebaut. Passende Musik für seine 15-Minuten-Auftritte, für die er im Schnitt zwischen 200 und 250 Euro plus Fahrtkosten verlangt, wählt „J.P.“ selber aus. Auch um seine Choreographien kümmert er sich selbst.

Striptease-Künstler: Vor Eifersucht platzende Freunde der Frauen

In all den Jahren gibt es offenbar fast nichts, was er bei seinen Shows nicht schon erlebt hätte. Vor Eifersucht platzende Freunde der Frauen, für die er tanzt, zum Beispiel. Oder Frauen, die panisch von der Bühne flüchten. Er musste auch schon improvisieren, weil die Musikanlage ausfiel. Im Gedächtnis geblieben ist ihm eine außergewöhnliche Einladung in ein betreutes Wohnen in einem Pflegeheim. Eine Seniorin dort hatte sich seinen Auftritt zu ihrem 87. Geburtstag gewünscht. Nachmittags zum Kaffeekränzchen. Umringt von ihren Freundinnen und deren Rollatoren. Sein Eindruck: „Meine Show war für die Rentnerinnen wie ein Jungbrunnen. Die sprangen anschließend herum“.

Es sei auch selten, dass es ihm die Sprache verschlage. Doch dort im Pflegeheim sei ihm das passiert. Die Jubilarin fragte nämlich wortwörtlich, ob sie „ihn“ mal anfassen dürfe. Wie sich herausstellte, hatte sie keinerlei Hintergedanken und ihn nur in der dritten Person angesprochen. Einmal über die muskelbepackten Oberarme streicheln, mehr wollte die alte Dame gar nicht. Und den Wunsch hat ihr Patrick Sermond nach einer Schrecksekunde dann auch gern erfüllt.

Striptease-Künstler: Wann eine Show für ihn gut gelaufen ist

Wann ist denn eine Show für ihn gut gelaufen? „Wenn der Partner der Frau auf der Bühne hinterher auf mich zukommt, mir auf die Schultern klopft und Respekt zollt.“ Und gibt es für ihn Tabus? Natürlich, sagt der Eisleber. Zunächst mal zeige er nie alles. Ein Handtuch am Ende verdecke das Wichtigste. Überhaupt lege er Wert auf Professionalität und Seriosität.

Und dann gebe es ein paar Dinge, auf die verzichte er wegen schlechter Erfahrungen. So öle er seinen Körper mit Rücksicht auf die Kleidung der Damen nicht ein. Er verwende auch keine Schlagsahne. Denn die lasse Kleidung unangenehm riechen. Andererseits würde er sich auch nie wieder für ein lebendes Büfett zur Verfügung stellen, nachdem die Damen für seinen Geschmack einmal zu zudringlich wurden.

Ansonsten aber hat Patrick Sermond an seinem Nebenerwerb so viel Spaß, dass er mittlerweile eine eigene Vermittlungsagentur für Models, Künstler und Doubles betreibt. Dort können nicht nur Gogo-, Striptease- und Tabledance-Shows mit ihm allein oder als Partnershow gebucht werden. Vielmehr ist von der Feuershow bis zum Hüpfburg-Verleih alles möglich.

Als Stripper aber, sagt er, gebe es nicht viel Nachwuchs. Vielmehr fehle schon eine ganze Generation. Woran das liegt? „Ich kann es mir nicht erklären.“ Ob er Zuhause wegen seines Hobbys auch mit einer eifersüchtigen Freundin klarkommen muss, wollte der Eisleber übrigens nicht verraten. (mz)