„Wir brauchen dringend Nachwuchs“ Wie der Besitzer des Wallendorfer Weinkellers nach 30 Jahren die Zukunft der Gaststätte einschätzt
Hans-Joachim Pomian eröffnete vor 30 Jahren den Wallendorfer Weinkeller. Wie alles begann und was die Coronakrise für seine Arbeit bedeutet.
Wallendorf/MZ - Als sich Hans-Joachim Pomian 1980 selbstständig machte, fiel sein Blick aus dem Bürofenster immer auf den heutigen Weinkeller, der damals noch brach lag. Irgendwann wurde er neugierig und schaute sich das Tonnengewölbe mit dem damaligen Besitzer von innen an. „Da stand der Dreck so hoch drin“, sagt Pomian und hält seine Handfläche etwa einen Meter über den Boden.
Lager von Bier und Wein: Weinkeller wurde im Jahre 1539 errichtet
Das sei Dreck gewesen, der von den Kartoffeln und Rüben liegenblieb, die einst dort gelagert wurden. Aus dem Keller kann man doch etwas machen, überlegte sich der Wallendorfer und kaufte den Weinkeller, in dem er seit inzwischen 30 Jahren eine Gaststätte betreibt.
Der Weinkeller wurde im Jahre 1539 errichtet und im Laufe der Jahrhunderte zur Lagerung unter anderem von Bier und Wein genutzt. Während des 30-jährigen Kriegs versteckten sich die Einwohner vor Plünderern und Brandstiftern im Keller und im Zweiten Weltkrieg wurde er als Luftschutzbunker genutzt. Später wurden dort Kartoffeln und Rüben gelagert.
„Wir haben einen Kredit aufgenommen. Unter der Erde zu bauen, kostet viel Geld“
„Ich habe Handwerker aus dem Ort zusammengetrommelt und wir haben gemeinsam 50 Tonnen Erde herausgeholt“, berichtet Pomian, der in den 1980er Jahren den Keller übernahm. Als der Keller wieder begehbar war, wurden bei jeder Gelegenheit Feste darin gefeiert, erzählt der Rundfunk- und Fernsehtechnik-Meister. Damals habe es weder Strom noch Wasser im Keller gegeben.
Erst, als die Wende kam, wurde er mit einer Küche, einem Lager, Umkleiden und Toiletten zu einer Gaststätte ausgebaut. „Wir haben einen Kredit aufgenommen. Unter der Erde zu bauen, kostet viel Geld“, sagt der 78-Jährige. Im August 1991, so ziemlich genau vor 30 Jahren, konnte das Restaurant schließlich eröffnen. Inzwischen ist der Weinkeller eine Institution in Wallendorf mit vielen Stammgästen, die teilweise extra aus Halle dorthin fahren.
Coronakrise verschlimmert Personalmangel im Wallendorfer Weinkeller
Von Beginn an wurde im Weinkeller nicht nur gespeist, getrunken und gefeiert - es fanden ebenso Konzerte statt. Seit ein paar Jahren steht Pomian teilweise selbst auf der kleinen Bühne unterm Tonnengewölbe. Und zwar mit einem ungewöhnlichen Instrument: einer Steirischen Harmonika. Im Alter von 69 Jahren hat er das aus Österreich stammende Musikinstrument für sich entdeckt.
Doch Pomian schaut besorgt in die Zukunft. Er weiß nicht, wie es bald mit dem Weinkeller weitergehen wird. Denn es wird immer schwieriger, Personal für die Gastronomie zu finden. „Das ist durch Corona noch schlimmer geworden, viele Leute haben sich umorientiert.“ Aktuell arbeiten noch drei Köche und zwei Servicekräfte im Weinkeller. „Mein Meisterkoch wäre eigentlich schon in Rente, hat sich aber bereiterklärt, noch bis zum nächsten März weiterzumachen.“
Probleme mit Nachfolgern: „Wir brauchen dringend Nachwuchs“
Auch eine Servicekraft habe bald das Rentenalter erreicht. „Was dann wird, weiß ich nicht. Wir suchen krampfhaft Nachfolger.“ Auszubildende hat der Wallendorfer schon seit Jahren nicht mehr, dabei waren es mal sechs pro Jahr, drei in der Küche und drei im Service.
„Unser letzter Kochlehrling ist vor fünf Jahren gegangen.“ Wie lange Pomian selbst noch mit anpacken kann, weiß der 78-Jährige nicht. Von seiner Familie wolle die Gaststätte niemand übernehmen. „Solange die Gesundheit mitspielt, wird es weitergehen. Aber wir brauchen dringend Nachwuchs.“